Donnerstag, Oktober 29, 2009

Hypnotischer Wüstenblues

Das malische Kollektiv Tinariwen gastiert in Wien.

Wien.
Musik aus Mali erfreut sich nicht erst seit gestern auch im sogenannten Westen großer Beliebtheit. Mit dem 2006 verstorbenen und einst zum "König des Desert-Blues" geadelten Gitarristen Ali Farka Touré sowie dem an der Kora brillierenden Toumani Diabaté wird das künstlerische Schaffen des Landes schon lange geschätzt.

Aktuell reüssierende afrikanische Künstler mögen dabei auch von einem profitieren: Musik vom "schwarzen Kontinent" steht derzeit auch abseits der Weltmusik-Zirkel wieder hoch im Kurs. Selbst aus weißen Mittelstands-Zöglingen bestehende Indie-Bands wie Vampire Weekend berufen sich auf den guten, alten Afrobeat. Und Popgrößen wie Manu Chao bringen als Produzenten etwa das blinde malische Ehepaar Amadou & Mariam in die globalen Charts.

Das tolle, sich aus ehemaligen Freiheitskämpfern des saharauischen Tuareg-Volks zusammensetzende und im Rahmen des Festivals "Salam.Orient" nun in der Wiener Arena gastierende Kollektiv Tinariwen verbindet klassisch malische Musiken mit Rock-Elementen und Blues. Fasziniert von Jimi Hendrix, Santana oder Led Zeppelin, entwickelte die Band schon in den späten 1970er Jahren in ihrer nomadischen "Heimat" einen unverwechselbaren Sound, der seit 2002 auch vier international erhältliche Arbeiten zeitigte. Wir hören maximal im mittleren Tempobereich angesiedelte Songs, deren angenehmer Groove durch beständige Wiederholung von Wort und Musik in Richtung Mantra vorrückt. Das lässt sich mit sage und schreibe drei gleichzeitig eingesetzten Gitarren auch live ganz wunderbar an.

Gerne werden die Musiker übrigens als "Rolling Stones der Sahara" bezeichnet. Im Gegensatz zu den verhältnismäßig austauschbaren Texten der millionenschweren Rollsteine geht es bei Tinariwen aber um tatsächlich Existenzielles: Etwa darum, wie man in der schwerlich zu bewirtschaftenden Wüstengegend auch mit wenig bis sehr wenig durchs Leben kommt. Hören und lernen!

(Wiener Zeitung, 30.10.2009)

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