Freitag, Dezember 04, 2009

Alles falsch? Alles gut!

Depeche Mode, die ewigen Edlen des Pop, entfesselten ihr Wiener Publikum

Dass Konzerte der britischen Pop-Institution Depeche Mode den Konventionen klassischer Rock-Shows folgen, ist zwar schon länger bekannt. Stichwort: Eins, zwei, drei – und jetzt alle! Stichwort aber auch: Echtes Schlagzeug, echte Gitarren. Echte Musik!!

Man muss aus unterschiedlichen Gründen aber wieder einmal kurz auf die Besonderheit dieses Umstands verweisen. Immerhin war das Trio 1980 mit fidel quengelndem Synthie-Pop der klassischen Schule ("Just Can’t Get Enough") angetreten, mit ebenjenen Konventionen zu brechen. Und immerhin beweisen Arbeitskollegen wie die Pet Shop Boys, dass man es sich "live" auch mit sehr viel weniger gemütlich machen kann: Voll-Playback etc.

Sänger Dave Gahan – noch immer eine Rampensau vor dem Herrn! –, Mastermind Martin Gore, der seine Gitarre live so gar nicht mehr aus der Hand geben will, und Andrew Fletcher am Keyboard haben damit die richtige Entscheidung getroffen. Dass nicht erst am Ende ihres knapp zweistündigen Konzertes die Stadthalle inklusive der obersten Ränge im Kollektiv tanzt, sollte als Bestätigung dafür eigentlich ausreichen – zumal die Band in ihrem Schaffen nicht unbedingt als konsensfähigste aller Popbands bezeichnet werden kann.

Sein Konzert beginnt das live um Peter Gordeno am Keyboard und den österreichischen Schlagzeuger Christian Eigner erweiterte Trio mit Material aus seinem aktuellen Album "Sounds Of The Universe". Nach dem atmosphärischen Auftakt mit "In Chains" folgt mit "Wrong" ein Song, der in knapp drei Minuten das Wesen der Band auf den Punkt bringt. Zu kalten und düsteren Elektrosounds, die Christian Eigner mit einem aggressiven Beat unterlegt, quält sich Dave Gahan durch ein Lamento ohne Hoffnung. Alles ist hin, alles kaputt, alles war immer schon falsch. Ein Mann zieht Bilanz: "I was born with the wrong sign/ In the wrong house/ With the wrong ascendancy.. ."

Dabei macht die Band alles richtig – und schwenkt über "Hole To Feed" aus der Feder ihres Sängers und Neo-Songwriters über zu den großen Hits. Wir hören zeitlos gültige Popsongs wie "Enjoy The Silence", "Policy Of Truth" oder "It’s No Good". "Walking In My Shoes", "In Your Room" und "Stripped" erzeugen noch immer Gänsehaut. Und Andrew Fletcher klatscht noch immer in die Hände und hat sonst nicht viel zu tun.

Als Geschenk an den Connaisseur in uns gibt Martin Gore Akustik-Versionen von "Insight" und "One Caress", ehe mit "Personal Jesus" am Ende Techno und Blues leidenschaftlich übereinander herfallen. Depeche Mode? Live noch immer groß und mächtig.
(Wiener Zeitung, 5./6.12.2009)

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