Dienstag, Dezember 15, 2009

Bescheidenheit: Keine Zier!

Anders Wendin ist ein Schelm. Der Schwede, den man besser als Moneybrother kennt, vertont am Sonntag im Wiener WUK nichts weniger als einen alten Sinnspruch neu.

Unter tüchtiger Mithilfe seiner fünfköpfigen Band, die sich auch durch ihre Arbeit an Orgel, Querflöte und Saxofon hervortut, hören wir auf Basis kompakt eingängiger Rocksongs mit viel, sehr viel oder noch mehr als sehr viel Soul in windschiefen Gruppengesängen auch den Text dazu durch. Er lautet: Bescheidenheit ist eine Zier. Doch besser rockt man ohne ihr!

Der dürre Sänger erweist sich live als Übertreibungskünstler im Sinne Thomas Bernhards. Mit einer Stimme, die durch leidenschaftliches Agieren ihren Mangel an Ausdruck wettmacht, überzeichnet und übersteigert Wendin den Tenor seiner Songs mit Inbrunst zum Klimax des Klimax. Hörbeispiel eins: "Aaaah!"

Seine Band tut es ihm gleich und trägt dick auf. Lieder werden zerdehnt, abgebrochen, fortgesetzt. Enden werden fingiert, ehe es von neuem losgeht. Das Saxofon soliert lässig vor sich hin – und her.

Soul-Musik ist die Musik der Liebe und hat bei Moneybrother immer mit dem zu tun, was Funny van Dannen als "Herzscheiße" bezeichnet. Dass die Lieder dennoch ihr "Ja" zum Leben bekennen, liegt auch an Wendins Hang zum launigen Sager. Hörbeispiel zwei, "This is not living, this is getting old!", zaubert uns stellvertretend für das Werk unseres Soulbrothers ein Lächeln ins Gesicht – und einen Aphorismus ins Notizbüchlein.

Dabei bestätigen unsere Freunde mit Balladen wie "Showdown" vom aktuellen Album "Real Control" sowie schwer bretternden Versionen von "They’re Building Walls Around Us" oder David Bowies "Modern Love" die ursprüngliche Annahme: Moneybrother muss man lieb haben!
(Wiener Zeitung, 16.12.2009)

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