Die hohe Kunst der Langsamkeit

"Gruschka's Kunst- & Trödeltouren" auf Servus TV

Männer sind Jäger und Sammler. Bezüglich historischer und gegenwärtiger Beutezüge reiben sich Anthropologen wie Soziologen freudig die Hände. Ob Schallplatten, Briefmarken, Teetassen oder Hirschkühe – der Jäger mehrt, was der Jäger ehrt. Roland Gruschkas Begierden sind mannigfaltig.

Spezialisiert auf alles Gute und Schöne, begibt sich der Mann mittwochs auf "Flohmarkt-Safari". Während er auch schon in Wien gustierte (auf dem Naschmarkt und in der Neubaugasse), stahl er diesmal am Puces de Vanves in Paris seinen Schätzen nach. Als zeitlich sanft entrückter Feingeist mit Burberry-Schal und Großvaters Sonntagskappe parlierte er charmant mit den Händlern und ließ diese über ihre Geschäfte erzählen. Mit Argusaugen hielt er Ausschau; Ramsch erkannte er sofort und strafte ihn, ganz Karl Valentin, nicht einmal mit Ignoranz.

In "Gruschka’s Kunst- & Trödeltouren" auf Servus TV erklärt Gruschka, was seine Beute so kostbar macht. Originalfotos einer Ballonfahrt Alberto Santos Dumonts von 1903 etwa wurden, ergänzt um einen Artikel aus dem "New York Herald", zum Unikat. Für ein um hundert Euro gekauftes Stereoskop ("Die 3D-Brille des 19. Jahrhunderts") würde er noch ein Vielfaches bekommen. Damit hätte er auch schon zufrieden sein können, doch schloss der Markt zu früh wegen Regenfalls. Was Gruschka, sonst Edelmann, sich kurzerhand vergessen ließ. "Weicheier", entfuhr es dem Unflätigen menschlich.

Dabei lässt Gruschka das Unspektakuläre zur hohen Kunst der Langsamkeit auflaufen. Es geht um nichts – und deshalb um alles. Zuseher können Gruschkas Schätze übrigens ersteigern. Mit dem Erlös wird diesmal einer Bergbauernfamilie geholfen, deren Hof den Flammen zum Opfer fiel. Gute Sache!

(Wiener Zeitung, 26.3.2010)