Mittwoch, März 17, 2010

"Sushi ist auch keine Lösung"

TV-Koch Horst Lichter hielt die Wiener Stadthalle am Schmäh

Das erste Gericht ist ein Scherz. Horst Lichter brät Fischstäbchen in Butter an und löscht sie mit Obers und Orangensaft ab. Salz, Pfeffer, abgeriebene Orangen- und Zitronenschale – fertig.

In der Stadthalle herrscht Angst. Gleich muss das Publikum kosten. Und während das Prekariat vor dem Fernseher gemeinhin traurig aus der Dose löffelt, wenn sich Deutschlands TV-Köche um die Zubereitung von Riesengarnelen, Angus-Rindern und Lammhaxen kümmern, möchte nun niemand in der ersten Reihe sitzen: "Schatzi, ich muss mal kurz raus!"

Horst Lichter meint das also gar nicht so. Die Schmähkanone aus Nettesheim bei Köln will doch nur spielen. Allerdings kann man sich da nicht so sicher sein. Der gelernte Koch und ehemalige Bergmann, zuletzt ausgezeichnet für den "Bart des Jahres 2009", kredenzt später nämlich auch noch Kartoffelpüree mit Kalbsleberwurst und lässt keinen Zweifel: Spätestens jetzt ist für einen Moment Schluss mit lustig. Es herrscht Andacht und Demut, wenn sich der Mann um sein Leibgericht kümmert.

Dass bei "Sushi ist auch keine Lösung", Lichters erstem Bühnenprogramm, die Arbeit am Herd auf ein Minimum beschränkt und auch abseits kulinarischer Themen gekalauert wird, versteht sich aber von selbst. Bereits in Sendungen wie "Lanz kocht", "Lafer! Lichter! Lecker!" oder "Die Küchenschlacht" demonstrierte der 48-Jährige, dass Entertainment nicht nur im Zweifelsfall vorgeht. Deutschland will unterhalten werden, und auch Johann Lafer lacht nicht von allein Tränen. Mit seiner als bodenständig-kumpelhaft zu beschreibenden Art, manifestiert auch in Gerichten, die nicht "hipp", "schick" oder "in", sondern einfach nur "lecker" sein wollen, hat Lichter die Sympathien längst auf seiner Seite. Er bestätigt das Publikum in seiner Sehnsucht nach dem Einfachen und Ehrlichen. Mamas Schweinebraten hat Vorrang, und Currywurst ist keine Schande. "Früher", so Horst Lichter, "passten alle Gewürze in Ommas Gewürzkarussell. Heute sind die Regale im Supermarkt so lang, da kannst du die Erdkrümmung sehen."

Essen fürs Herz

Horst Lichter sagt: "Mein Sternzeichen ist Sahne, mein Aszendent ist Butter." Er kocht Essen fürs Herz. Und er serviert mit zwischen Atze Schröder und Kölle Alaaf angesiedelten Witzen über Blähungen, aphrodisierende Möhrchen, Kaviar und Angela Merkel auch deftige Kost.

Horst Lichter sagt "Restaurang" und "Kartoffel-Kratäng". Und er hat einen Traum: "Den Traum von einer Welt, in der Zucker keine Krankheit ist. In der es ein Lächeln, ein Danke, ein Bitte gibt." Eine Geschmacksfrage, letztlich.

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