Zum Tode Malcolm McLarens, der als Manager der Sex Pistols bekannt wurde
Ist die Rede von Punk, so muss auch von Malcolm McLaren die Rede sein. Immerhin gilt der am 22. Jänner 1946 als Malcolm Robert Andrew McLaren in London geborene Designer, Produzent und Manager als Erfinder der Sex Pistols. Und immerhin nahm der bevorzugt als "Enfant terrible" Bezeichnete nichts weniger für sich in Anspruch, als solchermaßen den Punk mitbegründet und ihn vor allem als eine Mode-Revolution geplant zu haben. Eine Sichtweise, die polarisierte.
McLaren, der überwiegend bei seiner Großmutter aufwuchs, nachdem sein Vater die Familie verlassen hatte, besuchte im London der 1960er-Jahre mehrere Kunsthochschulen, ohne aber einen Abschluss zu erlangen. Gemeinsam mit seiner Partnerin und Lebensgefährtin Vivian Westwood – eine Liaison, aus der sein Sohn Joseph Corré stammt, seineszeichen Mitbegründer des Dessous-Labels Agent Provocateur – gründete er im Jahr 1971 den Modeshop "Let it Rock", der bald in "Sex" umbenannt und als Fetischladen fortgeführt wurde. Nach einem Aufenthalt in den USA, wo McLaren mit mäßigem Erfolg für die legendäre Queer-Punk-Band New York Dolls arbeitete, diente ihm der Laden als Ideenwerkstatt. Er lernte dort Johnny Rotten kennen, dessen Ausstrahlung ihn faszinierte, und machte ihn zum Sänger der von ihm gemanagten Band The Strand, die er alsbald umbenannte. Die Sex Pistols waren geboren, der Rest ist Geschichte.
Die Musik der Band war primitiv im besten Sinne – McLaren verpasste ihr das nötige Image. Im Kampf gegen das (britische) Spießbürgertum stilisierte sich McLaren zum größtmöglichen Provokationskünstler einer Zeit, in der es für tatsächliche Tabubrüche keine Kraftaufwendungen brauchte. Punk war gegen alles und für nichts – außer den totalen Nihilismus. Dass McLaren ausgerechnet eine auch über ihre Ablehnung der kapitalistischen Warenwelt rezipierte Bewegung als Vehikel seiner exzessiven Geschäftemacherei diente, gehört zu den interessanteren Widersprüchen der Popgeschichte.
Nach dem Ende der Sex Pistols, die er in Interviews als bloße Marionetten seines künstlerischen Gesamtentwurfes schmähte, betreute er Adam and the Ants sowie Bow Wow Wow und trat selbst als Musiker in Erscheinung. Sein 1983 erschienenes Album "Duck Rock" vermischte "westliche" Musiken mit afrikanischen Einflüssen und wurde unter Regie von Trevor Horn zu einem Achtungserfolg, während sein versuchter Brückenschlag zwischen Oper und Dance-Pop ("Madame Butterfly") alles andere als glorreich scheiterte, um sein Leitmotiv des "magnificent failure" zu zitieren. Auf seinem Konzeptalbum "Paris" (1994) wiederum wagte er sich unter Mithilfe etwa von Catherine Deneuve vorsichtig in Jazz-Gefilde vor.
McLaren, der im Jahr 2006 für Richard Linklaters Episodenfilm Fast Food Nation als Produzent in Erscheinung trat, schien zuletzt eher um die Verwaltung seines Erbes bemüht. An seinem Status als prägende Figur einer Ära änderte das freilich nichts. Am Donnerstag verstarb der an Krebs erkrankte Brite in der Schweiz. Er wurde 64 Jahre alt.
(Wiener Zeitung, 10./11.4.2010)
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