Strohwitwer haben es schön. Am Montagabend wird festgestellt, dass eigentlich niemand "Grey’s Anatomy" braucht. Niemand wie: Freund Huber, der sich am Handy meldet. Die Frau sei verreist. "TV-Abend! Bei mir!"
Was sehen sich Freunde, die sich über die zurückeroberte Fernbedienung dumm und deppert freuen, weil sich die Tür für nihilistische Wonnen plötzlich weit aufmacht, also an? Die TV-Landschaft bietet in der Hinsicht reichlich. Für den Tiefpunkt sorgt Kabel 1 mit der vermutlich 237. Ausstrahlung von "Jackie Chans Erstschlag". Ein gefundenes Fressen für Huber, der im Hauptberuf intellektuell und in der Freizeit auf der Suche nach möglichst keinem Niveau ist. Es herrscht Volksfeststimmung, als Jackie seinen Widersachern erstmals eine auflegt. Es ist 20.32 Uhr, und die Falotten haben es nicht anders verdient. Huber ist begeistert, und doch ist der Film nichts mehr als die Aufwärmrunde.
Schließlich widmet sich Servus TV nun wöchentlich der US-amerikanischen Nascar-Rennserie. Und was könnte eher zum (geistigen) Abschalten anregen als Autos, die im Kreis fahren? Mit einer einstündigen Zusammenfassung des jeweils aktuellen Renntags – diesmal geben die Boliden in Phoenix Gas – sollen Freunde des kontemplativen Brumm-Brumms auf ihre Kosten kommen. Nach einiger Vorabinformation durch die Moderatorin und einen Motorsportexperten nehmen die wahnsinnigen Irren ihre Arbeit auf – und brettern mit gut und gerne 250 km/h und 850 PS durchs Oval. Man nennt das "Racing Action". Die macht "Njuuu, njuuuu" – und schläfert den Huber bereits um 23.35 Uhr ein. Das klassische Formel-1-Syndrom also. Hier allerdings zur passenden Uhrzeit.
(Wiener Zeitung, 14.4.2010)
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