Broken Social Scene im Wiener Flex.
Was am Dienstag im Flex möglich gewesen wäre – Broken Social Scene zeigten es erst gegen Ende. "Meet Me In The Basement" führte die Kernkompetenzen der Band live mit viel Nachdruck vor und ließ für einen Moment die Endorphine purzeln: Zwischen hymnischen Melodiebögen mag dem Kollektiv aus Toronto der melancholische Unterton zwar nicht fremd sein. Im Grunde umarmt diese Band aber die Welt. Sie will uns verführen und entführen in eine Welt, in der die Gesetze des Alltags nicht gelten.
Der Alltag bedeutete für die Formation eine Anreise über Nacht, bei der ihr Gepäck verlorenging. Auch das mag auf die Stimmung gedrückt haben, ganz abgesehen von erschwerten Arbeitsbedingungen: Acht Musiker sind auf der kleinen Flex-Bühne womöglich um drei, vier zu viel.
Mit "World Sick" aus dem aktuellen Album begann der Abend vielversprechend. Zu mäanderndem Schlagzeug perlten die Gitarren kristallin. Das untermauerte die Kunst der Kanadier, großes Songwriting mit atmosphärischem Beiwerk zu schmücken. Nach gelungenen Versionen von "Stars And Sons" oder "7/4 Shoreline" begann das Konzert aber zu versanden. "Texico Bitches" plätscherte dahin, eine neue Version von "All To All" sorgte mit Lisa Lobsingers süßem Sirenengesang und Synthie-Blubbern für sanfte Disco-Wehmut. Im Balladenfach stellten das larmoyante "Sweetest Kill" und "Lover’s Spit" die Vorzeichen auf vorzeitigen Bettgang.
Nach dem überwältigenden Wien-Konzert 2005 war das eine Enttäuschung – nicht nur verhältnismäßig. Die Fanliebe bleibt, zumindest vorerst.
(Wiener Zeitung, 24.6.2010)
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