Dass sich in Wien popmäßig einiges tut: Es ist würdig und recht, bisweilen aber durchaus zum Haareraufen. Immerhin müsste man am kommenden Dienstag sprichwörtlich auf mehreren Hochzeiten tanzen: Für den 22. Juni wurden gleich drei Konzerte angesetzt, die man als Pflichttermine bezeichnen muss.
Aber betrachten wir es positiv und als nette Geste der Booker, uns beim Sparen zu helfen, sowie als Crash-Kurs in Sachen Entscheidungsfindung für Zauderer. Teil eins: "Vielleicht war gestern." Unterstützend dazu folgende Bemerkungen: Broken Social Scene sind Wunderwuzzis – und zumindest ein Grund dafür, warum Kanada das bessere Amerika ist. Also jetzt einmal abgesehen von Neil Young, ewigen Wäldern und dem Funfaktor der Lachsfischerei. Wie das gut und gerne aus zehn Musikern und mehr bestehende Kollektiv um Kevin Drew und Brendan Canning auf der kleinen Bühne im Flex (20 Uhr) Platz finden will, steht zwar in den Sternen.
Fix aber ist: Die Band ist immer ein Ereignis – dank hochgradig melodiöser und oft euphorisch-hymnischer Popmanifeste. 1999 in Toronto gegründet, bündelte das Kollektiv seinen experimentierfreudigen Zugang zur Rockmusik auf Alben wie "You Forgot It In People" oder seinem selbstbetitelten Meisterwerk aus 2005 zu starken Statements, die Broken Social Scene zu einer zentralen Band der Nullerjahre werden ließen. Derzeit wird mit "Forgiveness Rock Record" Album Nummer vier beworben.
Als Aushängeschild einer Bewegung, die es gar nicht gibt, dem von der Popkritik erdichteten Weird Folk, gilt hingegen Devendra Banhart. Nach Anfängen mit zwischen Räucherstäbchen und Spaßzigaretten changierenden Lo-Fi-Fragmenten an der Wanderklampfe ist der Mann mit seinem Major-Label-Debüt "What Will We Be" längst anderswo angekommen: Banhart, der nach einem ausgedehnten Besuch beim Haarschneider an den US-Schauspieler Vincent Gallo erinnert, liefert bunten Stilkauderwelsch mit Schlenkern in Richtung südamerikanische Herzschmerz-Ballade, 70er-Rock und jazzige Querflöten-Leichtigkeit (Szene Wien, 20 Uhr).
Wem das zu hippiesk erscheint, der darf mit Caribou auf den Tanzboden: Dan Snaith gibt im B72 (20 Uhr) Einblicke in sein entrücktes Klanguniversum, das, zwischen Song und Track pendelnd, zuletzt von 60er-Jahre-Psychedelia hin zu Unterhaltungselektronik für urbane Trendbars mutierte.
(Wiener Zeitung, 18.6.2010)
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