Die Us-amerikanischen Alternative-Rock-Helden The National gastierten in Wien
Ob man es in der Wiener Arena mit einem kleinen Eintagesfestival zu tun hat oder ob The National aus Cincinnati, Ohio, es sich leisten, gleich mit drei Vorbands zu touren – am Mittwoch ist das egal. Worum es vor allem geht: Auf dem Open-Air-Areal kann, darf, soll noch ein schöner Sommerabend verbracht werden.
Bereits um 18 Uhr stellen The Kissaway Trail mit opulenten Indie-Hymnen unter Beweis, dass ihnen Arcade Fire oder Broken Social Scene nicht fremd sind. Die aus London stammenden Fanfarlo, deren Debütalbum "Reservoir" im Vorjahr erschien, mögen ähnlich sozialisiert sein; live setzt dieser Geheimtipp aber auf ein Mehr an Trompeten und Herzenswärme. The Low Anthem schließlich schleppen sich mit introspektiven Americana-Sichtungen samt Mundharmonika, Orgel und dem Geiste Neil Youngs durch ihr Set, das auch mit einem furiosen Cover des Tom-Waits-Hadern "Home I’ll Never Be" begeistert.
Wall Of Sound
Doch keine Frage: Der Großteil des Publikums hat sich wegen The National eingefunden. Die im Jahr 1999 gegründete Band gilt seit ihren Anfangstagen sowohl der Kritik als auch einer zunächst recht erlesenen Hörerschaft als mindestens heilig. Mit unprätentiösem wie unaufdringlichem, sympathisch geerdetem Alternative Rock für Erwachsene geht es seither bergauf. "Alligator" aus 2005 erweiterte die Fangemeinde, das zuletzt erschienene, sehr atmosphärisch ausgefallene Album "High Violet" brachte es auf Platz drei der US-Charts.
Live spielt sich die zu acht angereiste Formation um die Gebrüder Aaron und Bryce Dessner, Bryan und Scott Devendorf sowie Sänger Matt Berninger durch alle Facetten ihres Œuvres: Während kühle Manifeste wie "Mistaken For Strangers" oder "Anyone’s Ghost" auch gut zu Interpol passen würden, erinnern The National in ihren stillsten Momenten an die Tindersticks und Leonard Cohen – nicht nur wegen Berningers sonorem Bariton oder den zuarbeitenden Bläsern. Grob geholztes Material wie "Abel" und "Mr. November" rundet das Bild ab, üppige, weit ausgebreitete Walls Of Sound ragen aus Songs wie "Terrible Love".
Die Texte dazu bleiben rätselhaft, machen zwischendurch aber deutlich: Das Leben ist so einfach nicht. Es will uns nichts Gutes. Passend dazu geht Berninger, ansonsten stocksteif in seine Lieder vertieft, später noch mit dem Mikrofonständer auf die Bühne los.
Was den Unterton vieler Lieder zu untermauern scheint: Man ist zwar niemals kaputt. Aber für immer gezeichnet.
(Wiener Zeitung, 20.8.2010)
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)

Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen