Freitag, März 18, 2011

Grauer, bunter Abend

Element of Crime und Freunde im Burgtheater.

Ein Konzert von Element of Crime, bei dem man nicht ins Bier weinen kann – wie soll das gehen? Am Donnerstag musste man darauf eine Antwort finden. Schließlich gastierte die altehrwürdige Band um Sven Regener im Burgtheater, wo Sitzpflicht und Prohibition die Konventionen des Rock’n’ Roll unsanft aushebelten. Arbeitsmotto für alle: Stark sein, durchhalten!

Obwohl man Element of Crime für ihre sanfte Ader schätzt, die Band reichlich Chanson und noch mehr Schlager in ihrem Œuvre führt, haben wir es hier schon immer mit Biertrinkermusik zu tun. Rock ’n’ Roll muss es sein, aber bitte romantisch! Daran ließ nicht nur Jakob Ilja mit Schwerstarbeit an der Bottleneck-Blues-Gitarre, humpelnden Country-Ausflügen, Twang und Tom Waits keinen Zweifel. Schon bei den ersten Tönen von "Kopf aus dem Fenster" demonstrierte Regener mit rauem Seemannsgarn, dass ihm die schönste Geschichtenerzählerstimme zwischen Hamburger Hafen, Bremerhaven und den Häfen der Sehnsucht gehört. Dort brennt immer ein Licht in der Kneipe: "Nimm die Hand von der Hupe. Ich will an Land!"

Mehrwertschlager

Spätestens seit die Band den Wechsel zu deutschsprachigen Songtexten vollzog, fungiert sie als Begleiter in sämtlichen Lebenslagen, als Freund, auch in stürmischen Zeiten. Herzschmerz-Chansons, Mehrwertschlager. Wehmut darf sein, aufgeben gilt nicht: So traurig Regener an der Mariachi-Trompete auch trötete, am Ende geht es immer darum, sich wieder hochzuziehen. Mit "Immer unter Strom" ließen Element of Crime ihre stärkste Durchhalteparole sprechen. Den Gegensatz dazu bildete ein Cover von "It’s All Over Now, Baby Blue", das die Band (mit Leander Haußmann an der Mundharmonika!) auf eine Weise darbot, die auch dem alten Selbst-Neudeuter Bob Dylan bisher nicht einfiel.

Angelegt als bunter Abend mit grauen Liedern, unterbrach die Band ihr Set für Gastspiele befreundeter Künstler. Maike Rosa Vogel aus Berlin gab das kleine Hippie-Mädchen in der großen, weiten Welt. Die Burgenländer Garish ließen ihr vieles Gefühl pathosschwanger entweichen. Florian Horwath brachte seinen verhuschten Kaminfeuer-Folk nach erstaunlichen Soul-Licks zum Ausbruch, The Base aus Graz wiederum demonstrierten ihre Ausnahmestellung zwischen einem wie auch immer gearteten Alternative Rock, Americana und anderer Folklore.

Mit grummelndem Bariton gab Norbert Wally den Johnny Cash von Mur City, von wo aus sich auch Michael Ostrowski anschickte, die Burg als Gastsänger zu erobern. "Abre los ojos!" – Ein schöner Abend!

(Wiener Zeitung, 19./20.3.2011)

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