Mittwoch, September 21, 2011

Kein Sturm im Wasserglas

Nächste Woche beginnt in Wien das „Waves Vienna“ – ein Club- und Showcase-Festival
 
Dass es Wien als vermeintlicher Weltstadt doch erheblich an einem Pop-Festival von internationaler Bedeutung mangelt, wurde zuletzt im Rahmen des Popfest Wien diskutiert, dessen Fokus, väterlich unterstützend, sich ausschließlich auf heimische Künstler beschränkt.

Während sich etwa Barcelona und Budapest mit hierorts also vermissten Veranstaltungen wie dem Primavera Sound, dem Sónar oder dem Sziget nicht nur kulturell aufwerten, sondern zudem auch ihr Image pflegen und den Tourismus ankurbeln, pendeln Avantgarde und die IG Elektronik hierzulande nach Krems zum Donaufestival oder nach Graz zu Elevate oder Spring. Ohne engagierte Veranstaltungen wie das gerade über die Bühne gegangene „Run VIE – Festival For Urban Art & Music“ oder das die VJ-Kunst und ihre Begleitangebote umkreisende „sound:frame“ zu unterschätzen: Der universelle Blick über die Nische hinaus war in der Hauptstadt bislang bestenfalls Mangelware.

Weltschmerz für die Clubs

„In Wien braucht es Zeit, Strukturen wachsen zu lassen. Mit dem Waves-Festival, das heuer im Herbst starten soll, hätte man dafür eine gute Ausgangsbasis.“ Was Popfest-Kurator Robert Rotifer im Gespräch mit der Wiener Zeitung bereits im Juni ankündigte, scheint sich nun zu bewahrheiten. Immerhin zeigt das mit einer Kapazität von 15.000 Besuchern an fünf Spieltagen zwar zunächst überschaubar gehaltene Festival doch, dass es gleich in seiner ersten Saison mehrere Fliegen mit einer Klappe erschlagen will. Mit einem Brückenschlag nicht nur in den Osten will das „Waves“ möglichst mehr auslösen als nur einen Sturm im sprichwörtlichen Wasserglas. Von den 80 Acts, die, beginnend mit dem Eröffnungskonzert der elegisch zum Marche funèbre ladenden Steirerin Anja Plaschg alias Soap & Skin im Stadtsaal, ab nächsten Mittwoch bestaunt werden können, stammen mehr als dreißig aus Österreich und fünfzehn aus dem näheren Osten zwischen Polen und Lettland.

Die hierzulande mindestens mehrheitlich noch unbekannten Gäste sowie heimische Beiträge, die sich nicht allwöchentlich im Chelsea die Ehre geben, lassen die Veranstalter von einem Showcase-Festival sprechen, das mit Vorstellungsrunden Fan-Akquise ermöglichen soll. Als Zugpferde in Richtung Breitenwirksamkeit wurden die britischen Post-Punk-Heroen Gang of Four ebenso gewonnen wie streng dem Weltschmerz verpflichtete junge Musikerinnen wie EMA oder Zola Jesus, die sich dem Gothic-Pop der 80er-Jahre widmet.

Als Clubfestival wiederum stellt das „Waves“ seine Austragungsstätten in den Vordergrund. Einschlägige Blitzhütten wie Pratersauna, Fluc und Flex werden ebenso bespielt wie das Café Dogenhof, das Singer-Songwritern eine Bühne errichtet. Der öffentliche Raum wird etwa mit der „Opel Corsa Stage“ ein Thema, die sich inmitten des Praters befindet, während das bereits Viennale-erprobte Badeschiff die Festivalzentale bereitstellt.

Workshops und Talks

Als Veranstalter des Festivals fungiert die Monopol Medien GmbH, die mit den Magazinen The Gap und TBA für heimischen Jungjournalismus unter den Vorzeichen der Popkultur steht – die umtriebige Musikagentur Ink Music sorgt für die musikalische Programmierung, das Music Information Center Austria, kurz MICA, kümmert sich um die Konferenzschiene.

Während dort Business-To-Business-Themen im Vordergrund stehen und so vor allem der Szene selbst (und ihren Networking-Bestrebungen) geholfen ist, darf sich der gemeine Besucher Mehrwert von der Workshop-Leiste erwarten: Neben den handwerklichen Grundkenntnissen des DJings kann dort etwa auch der Umgang mit dem Reactable erlernt werden, einem Musikinstrument, das von einem österreichisch-spanischen Forscherteam an der Pompeu-Fabra-Universität Barcelona entwickelt wurde. 

Waves Vienna: 28. September bis 2. Oktober. Details und Programm siehe hier

(Wiener Zeitung, 22.9.2011)

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