Mittwoch, April 03, 2013

Ein Titel als Programm

Carla Bruni veröffentlicht ihr erstes Album als ehemalige First Lady Frankreichs

- Auf „Little French Songs“ bleibt sich Carla Bruni musikalisch selbst treu  

Für ihre berufliche Erst-Qualifikation als Topmodel und Schauspielerin ist die Rückkehr Carla Brunis ins Musikgeschäft von erfrischender Ehrlichkeit – nein, hier wird wenig vorgetäuscht oder in Szene gesetzt. Und so ist auf ihrem ersten Album als ehemalige First Lady Frankreichs (und ihrem vierten Streich insgesamt) exakt das zu hören, was schon die Coveraufschrift verspricht: Mit elf neuen Stücken und einer Spielzeit von knapp 35 Minuten werden „Little French Songs“ gereicht. 

Chanson und US-Folk 

Spötter könnten behaupten, dass mit dem Titel bereits alles gesagt sei, der Karriere Carla Brunis wird man damit allerdings nicht gerecht. Schließlich sorgte die als Mannequin mit einer Jahresgage von bis zu 7,5 Millionen US-Dollar mindestens hocherfolgreiche Nebenerwerbs-Actrice für einen Coup, als sie einem alten, französischen Kulturgut namens Chanson im Jahr 2003 neues Leben einhauchte. Ihr Debütalbum „Quelqu’un m’a dit“, das eben jenes Chanson mit Einflüssen aus dem US-Folk kurzschloss, wurde nicht nur in der französischen Heimat zum Erfolg – und legte den Grundstein für eine Zweitkarriere, die mit Bruni in der Hauptrolle als Interpretin und Autorin glänzte. 

Während die heute 45-Jährige auf ihrem Zweitling „No Promises“ die Lyrik von Emily Dickinson, W. B. Yeats oder Dorothy Parker musikalisch umrahmte, stand „Comme si de rien n‘était“ 2008 bereits unter dem Zeichen einer schicksalshaften Begegnung: „Tu es ma came“ („Du bist meine Droge“), ein Song, in dem Bruni ihren Liebhaber mit Kokain verglich, war hörbar beeinflusst vom gemeinsamen Liebesrausch mit Nicolas Sarkozy, als dessen Ehefrau sie im Élysée-Palast schließlich zu Frankreichs singendster First Lady wurde, wobei die musische Karriere zugunsten „diplomatischer Verpflichtungen“ bald in die Kreativpause ging. Diese nicht nur genossene Zeit fand ein Ende, als Bruni mit Woody Allen „Midnight in Paris“ drehte, ehe sie für die „Vogue“ auch die Model-Pension kurz unterbrach. 

Die Veröffentlichung der überwiegend bereits vor drei Jahren geschriebenen Comeback-Songs musste wegen Brunis Schwangerschaft noch etwas verschoben werden. Vor dem Erscheinungstermin aber sorgte der nun vorliegende Wiedereinstieg ins Musikgeschäft mit immerhin einem Stück für Gezwitscher. Blöd zwar, dass Bruni das in Frankreich bereits als Abrechnung mit Sarkozys Nachfolger François Hollande gehörte „Le Pengouin“ als solche bereits dementierte. Zum Glück konnten die Deuter aber noch damit argumentieren, dass Bruni heute zumindest die Kunst der Diplomatie bestens beherrsche. 

Belanglos-beliebig 

Ob mit „Mon Raymond“ nun der hinter einem Pseudonym versteckte Ex-Präsident besungen wird (oder ein fiktiver Liebhaber) ist gleichfalls egal. Eingedenk der bemühten Metapher vom Lover mit der Wucht einer Atombombe allerdings passt der Song gut zur überwiegend belanglos-beliebigen Wirkung des neuen Materials, das mit dem dunklen „J’arrive À Toi“ auf eine falsche Fährte führt. Zwischen kurz je nach Mariachi- oder Dixieland abbiegenden Bläsern und auf Basis gerne auch leichtfüßiger Songs werden im Jahrzehnt nach den Freedom Fries einmal mehr Brücken zwischen der Weltmacht USA und dem großen Käsemeister Frankreich gebaut. Die zuarbeitende Bluesmotivik hält sich aber dezent genug im Hintergrund, dass bei geselligen Abenden im tiefsten Burgund der Rotwein nicht sauer wird. 

An einem Punkt übrigens schwindelt uns Carla Bruni dann doch noch an: Das Englisch der Frau ist wesentlich besser, als der auf niedlich getrimmte Brachial-“Accent“ des Titelstücks es vermuten ließe. 

Carla Bruni: Little French Songs (Universal)

(Wiener Zeitung, 4.4.2013)

Keine Kommentare: