Carla Bruni
veröffentlicht ihr erstes Album als ehemalige First Lady Frankreichs
- Auf
„Little French Songs“ bleibt sich Carla Bruni musikalisch selbst treu
Für
ihre berufliche Erst-Qualifikation als Topmodel und Schauspielerin ist die
Rückkehr Carla Brunis ins Musikgeschäft von erfrischender Ehrlichkeit – nein,
hier wird wenig vorgetäuscht oder in Szene gesetzt. Und so ist auf ihrem ersten Album als ehemalige
First Lady Frankreichs (und ihrem vierten Streich insgesamt) exakt das zu
hören, was schon die Coveraufschrift verspricht: Mit elf neuen Stücken und
einer Spielzeit von knapp 35 Minuten werden „Little French Songs“ gereicht.
Chanson und
US-Folk
Spötter könnten behaupten, dass mit dem Titel
bereits alles gesagt sei, der Karriere Carla Brunis wird man damit allerdings
nicht gerecht. Schließlich sorgte die als Mannequin mit einer Jahresgage von
bis zu 7,5 Millionen US-Dollar mindestens hocherfolgreiche Nebenerwerbs-Actrice
für einen Coup, als sie einem alten, französischen Kulturgut namens Chanson im
Jahr 2003 neues Leben einhauchte. Ihr Debütalbum „Quelqu’un m’a dit“, das eben jenes Chanson mit Einflüssen aus dem US-Folk kurzschloss, wurde nicht nur in der
französischen Heimat zum Erfolg – und legte den Grundstein für eine
Zweitkarriere, die mit Bruni in der Hauptrolle als Interpretin und Autorin
glänzte.
Während die heute 45-Jährige auf ihrem Zweitling „No
Promises“ die Lyrik von Emily Dickinson, W. B. Yeats oder Dorothy Parker
musikalisch umrahmte, stand „Comme si de rien n‘était“ 2008 bereits unter dem
Zeichen einer schicksalshaften Begegnung: „Tu es ma came“ („Du bist meine
Droge“), ein Song, in dem Bruni ihren Liebhaber mit Kokain verglich, war hörbar
beeinflusst vom gemeinsamen Liebesrausch mit Nicolas Sarkozy, als dessen
Ehefrau sie im Élysée-Palast schließlich zu Frankreichs singendster First Lady
wurde, wobei die musische Karriere zugunsten „diplomatischer Verpflichtungen“
bald in die Kreativpause ging. Diese nicht nur genossene Zeit fand ein Ende,
als Bruni mit Woody Allen „Midnight in Paris“ drehte, ehe sie für die „Vogue“ auch die
Model-Pension kurz unterbrach.
Die
Veröffentlichung der überwiegend bereits vor drei Jahren geschriebenen
Comeback-Songs musste wegen Brunis Schwangerschaft noch etwas verschoben
werden. Vor dem Erscheinungstermin aber sorgte der nun vorliegende
Wiedereinstieg ins Musikgeschäft mit immerhin einem Stück für Gezwitscher. Blöd
zwar, dass Bruni das in Frankreich bereits als Abrechnung mit Sarkozys
Nachfolger François Hollande gehörte „Le Pengouin“ als solche bereits
dementierte. Zum Glück konnten die Deuter aber noch damit argumentieren, dass
Bruni heute zumindest die Kunst der Diplomatie bestens beherrsche.
Belanglos-beliebig
Ob mit „Mon Raymond“ nun der hinter einem Pseudonym
versteckte Ex-Präsident besungen wird (oder ein fiktiver Liebhaber) ist
gleichfalls egal. Eingedenk der bemühten Metapher vom Lover mit der Wucht einer
Atombombe allerdings passt der Song gut zur überwiegend belanglos-beliebigen
Wirkung des neuen Materials, das mit dem dunklen „J’arrive À Toi“ auf eine
falsche Fährte führt. Zwischen kurz je nach Mariachi- oder Dixieland
abbiegenden Bläsern und auf Basis gerne auch leichtfüßiger Songs werden im
Jahrzehnt nach den Freedom Fries einmal mehr Brücken zwischen der Weltmacht USA
und dem großen Käsemeister Frankreich gebaut. Die zuarbeitende Bluesmotivik
hält sich aber dezent genug im Hintergrund, dass bei geselligen Abenden im tiefsten
Burgund der Rotwein nicht sauer wird.
An einem Punkt übrigens schwindelt uns Carla Bruni
dann doch noch an: Das Englisch der Frau ist wesentlich besser, als der auf
niedlich getrimmte Brachial-“Accent“ des Titelstücks es vermuten ließe.
Carla Bruni:
Little French Songs (Universal)
(Wiener Zeitung, 4.4.2013)
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