Donnerstag, Mai 02, 2013

Wenig Geld, viel Bier

Am Mittwoch wurden in Wien die „Amadeus – Austrian Music Awards“ verliehen  

- Als Sieger des Abends ging Parov Stelar mit drei Awards nach Hause 

Die Gewinner in der Kategorie „Song des Jahres“ bedanken sich bei „allen, die mitgeholfen haben“. Gemeint sind vermutlich eine Sample-CD aus dem Internet und der Klapprechner, auf dem die zugekauften Dateien bei gegen null gehender Eigenleistung aneinandergeklebt wurden. Egal. Als Reaktion auf ein bezüglich der Produktionshintergründe Licht ins Dunkel bringendes Netzvideo reagierte Universal Music erfolgreich mit einer Anfrage auf Löschung desselben bei YouTube. Willkommen bei der Verleihung der „Amadeus – Austrian Music Awards“ im Wiener Volkstheater, wo das für seinen „Sonnentanz“ ausgezeichnete Salzburger Duo Klangkarussell erklärt, was heute nicht alles reicht, solange es im Internet „klick“ macht und später im Geldbörsel der Plattenfirma ein bisserl „pling“. 

Brüllende Schleichwerbung 

Dazu passt es natürlich, dass Christian Kolonovits sich nach karrierelanger Tätigkeit in fensterlosen Studios selbst darüber wundert, dass er heute den „Best Live Act“ anmoderieren darf. Der Mann weiß Bescheid, wenn er über die Tricksereien der Aufnahmearbeit plaudert und darüber, dass auf der Bühne hingegen das Herzblut zuhause ist. Nach einem bis ins alte Rom zurückreichenden Impulsreferat (gab es im alten Rom eigentlich bereits Produktionsstudios?) wird der Preis schließlich an Parov Stelar verliehen, der seine Konzerte zwar auch mit dem Laptop spielt, sich zusätzlich aber eine Band leistet, die das mit dem Herzblut erledigt.

Man merkt es schon, am Amadeus darf man sich jährlich aufs Neue wundern. Etwa über den in Wien als Welthauptstadt der Selbstüberschätzung selbstverständlichen Gockelfaktor im Volkstheater, auf dessen Bühne es dann eher um Insolvenzanträge geht oder darum, dass von den Anwesenden kaum noch jemand Geld verdient. Vor allem den Journalisten von FM4, so Dirk Stermann in seiner Anmoderation, ginge es noch schlechter als den prekären Musikern, über die sie berichten. Bier ist am Amadeus übrigens vorhanden und wir können es alle gut brauchen. Der für die TV-Ausstrahlung zuständige Medienpartner PULS 4 und die gleichfalls auf der Bühne stehenden Leute vom ORF dürfen einstweilen darüber Schmäh führen, wer von ihnen sich nun weniger für Musik aus Österreich engagiert. Die Werbung für das jeweils eigene Medium schleicht am Amadeus übrigens nicht. Sie brüllt. 

STS-Hommage am Ende 

Im Showprogramm stellt der in der Kategorie „Pop“ reüssierende Ö3-Moderator Julian Heidrich alias Julian Le Play sein Xavier-Naidoo-Idiom vor, verzichtet dabei aber auf die katholische Missionierung. Lukas Plöchl hat das Motto des Abends dabei: „I wü Freiheit! Won kehrt de Freiheit ein?“ Die Toten Hosen, Sportfreunde Stiller und Christina Stürmer singen jeweils das eine Lied, das stark an ihr zweites erinnert. Zwischendurch lachen alle über Rainhard Fendrich und Wolfgang Ambros.

Mit zwei weiteren Preisen in den Kategorien „Album des Jahres“ und „Electronic“ erweist sich Parov Stelar als großer Gewinner des Abends. Volkstümliche Musik und Schlager gewinnen mit Andreas Gabalier und DJ Ötzi heuer nur in ihren eigenen Genres. Die für das Lebenswerk ausgezeichneten STS kündigen an, nun auf das Überlebenswerk hinarbeiten zu wollen. Der „FM4-Award“ geht an die jungen Oberösterreicher von Catastrophe & Cure. Und der in Sachen „HipHop/RnB“ mit einem Amadeus beschenkte Rapper Nazar bedankt sich im Besonderen bei HC Strache, „der mich seit Jahren zu jedem Wahlkampf daran erinnert, dass ich als Österreicher mit Migrationshintergrund doppelt so viel tun muss, um etwas zu erreichen“.

Am Ende steht eine STS-Hommage durch Clemens Haipls Projekt Depeche Ambros. Kein krönender Abschluss in dem Sinn – eher ein Schmäh, den sich der auch für die Moderationstexte des Abends verantwortliche Bandgründer gleich selbst ins Drehbuch schrieb. Österreich ist halt sehr klein. Die Szene auch. Aber schon ziemlich lässig.

(Wiener Zeitung, 3.5.2013)

Keine Kommentare: