Schall &
Rauch
Schon
Edmund Stoiber wusste es rhetorisch interessant auf den Punkt zu bringen. Oft „bedarf
es nur noch eines kleinen Sprühens, sozusagen, in die gludernde Lot, in die
gludernde Flut, in die lodernde Flut, wenn ich das sagen darf“. Gemeint war im
Weiteren – und das gilt auch und gerade in gegenwärtigen Zeiten des großen „K“
(Krise, Klimawandel, Kaltherzigkeit, Koalitionskrach, Killerkrankheit Krebs, Kummer,
Kater und hierzulande immer auch Keller) –, dass akkumulierte Kräfte konzentrierter
kämpfen können. Umgelegt auf die Gefühlswelt bedeutet das: Gemeinsam sind wir
zusammener. Der Verbund stiftet Wärme. Wärme ist wichtig und wertvoll.
Vor
diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass James Blunt, gemeinhin als
Schmusesänger beschrieben, auch mit seiner neuen Single die Charts dominiert. Er
ist der Mann, der uns zusammensingt, wenn wir im Herzen drin gemeinsam alleine sind.
Das ist nicht schlecht. Schließlich will Blunt auch als einstiger KFOR-Soldat
im nunmehr kugelsicheren Ruhestand eine Neigung zur guten Tat demonstrieren.
Mit „Bonfire Heart“ wird also
jenes kleine Sprühen beschworen, das die „lodernde Flut“ frei nach Edmund
Stoiber befeuern soll: „You light the spark in my
bonfire heart / People like us, we donʼt need that much / Just someone that
starts / Starts the spark in our bonfire hearts …“
Im
begleitenden Musikvideo geht es auf der Harley durch Amerika. Nach den mit
Tourneen durch die Mehrzweckhallen bis zur Erschöpfung abgegrasten Feldern
Europas wird der heute verstärkt fokussierte Markt jenseits des großen Teichs mit
handelsüblichen Klischeebildern versorgt. Nur nicht anecken. Kinder kommen im
Video ebenso vor wie Cowboys, Hinterland-Texaner und Afghanistan-Veteranen.
James Blunt liebt sie alle. Am Ende wird Hochzeit gefeiert. Weites Land, schön.
Heteronormativ. Brautstrauße. Alle sind glücklich.
Was lernen
wir daraus? Erstens: Neben James Blunt wirkt selbst Cat Stevens wie ein
cracksüchtiger Epileptiker während eines Amoklaufs in der Shopping-Mall.
Zweitens: Der Einzelne ist nicht nur im Kommunismus oder in einer spanischen
Tapas-Bar nicht ganz so viel wert. Er findet seine Bestimmung auch bei James
Blunt immer erst in der Gruppe.
Erkenntnis
Nummer drei ist bereits etwas älter. Sie lautet: Menschen, die nette Musik
hören, müssen nicht zwangsläufig auch selber nett sein. Aus einem Leserbrief,
den ich nach einer Konzertkritik im Oktober 2008 übermittelt bekam: „Schreiben sie
sich eines hitntereihre verdreckten ohren!!!Beleidigen sie NIEMALS JAMES
BLUNT!! NIEMALS...Das könnte sonst VOLGEN HABEN...Gewaltige Volgen!!!"
(Wiener Zeitung, 25./26./27.10.2013)
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