Das in Wien ansässige Frauen-Duo Fijuka stellt sich mit seinem Debütalbum vor
Das
Pressefoto in Zuckerlrosa lässt keine Zweifel. Und auch mit den Spandex-Hosen
im Hochglanzvideo zur Single „Behave (From Now On)“ ist erklärt, dass die
Protagonistinnen keine Probleme mit den ästhetisch zweifelhaften Erscheinungen
der 1980er Jahre haben. Wer nicht dabei war, erinnert sich noch an die
tragischen Eckpfeiler des Jahrzehnts: Tschernobyl-Katastrophe, Toast Hawaii, Ronald
Reagan, Duran Duran in weißen Lederslippern am Segelboot.
Indie und Pop
Dass
das deutsch-österreichische und von Wien aus operierende Duo Fijuka sein
Debütalbum nun über das per se auf Indie gebuchte heimische Label Seayou Records
veröffentlicht, ist dabei nicht zwangsläufig als Widerspruch zu verstehen. Zum
einen sind die Einflüsse Fijukas gottlob breiter gefächert. Zum anderen
demonstriert hier eine junge Generation an Musikschaffenden womöglich mit Nachdruck,
dass alles, was früher keinesfalls gehen konnte, heute mit großer Selbstverständlichkeit,
spielerischem Gestus und womöglicher Jetzt-erst-recht-Haltung passieren darf – und
muss. Dogma? Nichts außer ein altes Film-Manifest unter Beteiligung Lars von
Triers.
Auf
ihrem kommende Woche erscheinenden Debütalbum also vereint die nach einer
Erstbegegnung im Rahmen des Uni-Wien-Seminars „Frauen in der populären Musik“
gegründete Band ihren grundsätzlichen Lo-Fi-Einschlag mit den großen Gesten des
Pop. Und sie stellt den einen oder anderen zwischendurch auch angejazzten Gitarrenakkord
im Verbund mit studierten Bässen neben geerdeten und semiakustisch gegebenen Folk,
wie man ihn vom wohnzimmerfreundlichen Singer-Songwritertum her kennt.
Neben
der ausdrucksstarken Stimme von Sängerin Ankathie, die gerne auch zu geraunten
Mehrspurchören geschichtet wird, muss man vor allem die alten und von Kollegin
Judith Filimónova gespielten Tasteninstrumente als tonangebendes Element des Albums
bezeichnen. Die vor Jahrzehnten vermutlich in Japan gefertigten Kästen, eine
Heimorgel und ein Synthesizer, klingen nicht nur billig, sie waren es auch. Und
sie übersetzen die in einem hübschen Song namens „Trains (The Cracker)“
vermittelte Ein-Zimmer-Stimmung eines womöglich prekär-kreativen Wohnarbeits-Habitats
durchaus stimmig. Mit mehr Einsatz als zur Verfügung stehenden Mitteln machen
Fijuka Pop, den man sich leisten kann. Eventuell fließt hier tatsächlich mehr
Geld in die als Marketingtool im Netz zentralen Videoclips, von deren
Professionalität man sich dann gratis auf YouTube überzeugen kann.
Grundsteinlegung
Das
Album selbst eröffnet mit dem von Aussparung in den Arrangements und einer Gabe
in Sachen Atmosphäre und Dramaturgie gekennzeichneten „I Like“ ebenso sanft wie
überzeugend. Man darf an Kate Bush denken, deren eindringliches „Running Up
That Hill“ von Fijuka bereits auch gecovert wurde, ehe der melancholisch
angehauchte 80er-Jahre-Pop von „Phantom Sentimental“ mit seinem gleichfalls nicht
teuer klingenden Beat an den Depeche-Mode-Song „Perfect“ von 2009 erinnert und
auch Vergleiche mit deren Labelkollegen Goldfrapp zulässt. Als Hit wiederum orientiert
sich das erwähnte „Behave (From Now On)“ eher am Popentwurf von Moloko, während
„Your Time Has Come“ als Miniatur bei den Kunstliedatmosphären einer Julia
Holter andockt und es mit der aufheulenden Lap-Steel-Gitarre von „Porcelain
Girl“ bodenständiger wird.
Nicht
alles davor, dazwischen und danach klingt ähnlich vielversprechend – ein guter
Grundstein ist mit dieser ersten Talentprobe aber auf jeden Fall gelegt.
Albumpräsentation am 13. November im Wiener Chelsea.
Fijuka: Fijuka
(Seayou Records)
(Wiener Zeitung, 2/3.11.2013)
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