Freitag, November 29, 2013

Drei, zwo, eins – boom!

Britney Spears, US-Pop-Superstar der Nullerjahre, veröffentlicht ihr achtes Album 

- Album „Britney Jean“ mit blassen Konfektionssongs 

Promotionstätigkeiten für ihr achtes Album werden von Britney Spears aktuell weitgehend verweigert. Das Warum wäre jetzt natürlich interessant. Man sollte sich an dieser Stelle daran erinnern, dass der am kommenden Montag seinen 32. Geburtstag feiernde ultimative US-Popsuperstar der Nullerjahre im Kernbereich Kinderzimmer-Trash und Kaugummi-Massaker zwar bereits im Volksschulalter von den Eltern auf Karriere getrimmt wurde. Nach entsprechendem späteren Welterfolg mit Dosensongs wie „...Baby One More Time“ oder „Oops!... I Did It Again“, einem vermeintlichen Befreiungsschlag mit dem streng durchsexualisierten Image ihrer „Blackout“-Phase sowie dem öffentlich ausgeschlachteten Abstieg über bizarre Auftritte und psychische Probleme steht die Frau als derzeit entmündigtste Sängerin aber auch heute noch unter Vormundschaft ihres Vaters. Diesem alleine obliegt es, etwaige aktuelle Millionenerlöse zu verwalten und sich beim Purzeln aufs Konto auch darüber zu freuen. 

Blitzhüttenbeats 

Weil die erste Single des nun vorliegenden achten Studioalbums von Britney Spears, das unter dem bemühten Titel „Britney Jean“ etwa per David Guetta auf standardisierte Peitschenantriebs- und Blitzhüttenbeats ebenso setzt wie auf Zwischenspiele in zuckrigen La-le-lu-Melodien, allerdings nur auf Platz 14 der US-Charts vordringen und international maximal moderate Verkaufserfolge erzielen konnte, steht der nächste zynische Umstand bereits in die Biografie geschrieben: Welttournee gibt es diesmal keine, Britney Spears wird mit einer vorerst auf zwei Jahre gebuchten eigenen Show in Las Vegas dienstleisten müssen. Das Leben ist hart, dafür aber auch zutiefst undankbar.

Der Name der Ochsentour ohne Tour lautet übrigens „Piece Of Me“. Er erinnert an den gleichnamigen Song, mit dem Spears im Jahre 2007 ihre Problemstellung als Problemfall und vor allem den Umgang der Yellow Press damit porträtierte. Dass die zehn Nummern von „Britney Jean“ nun noch persönlicher ausfallen sollen als das bisher selbst von Fremdschreibern verlässlich „authentisch“ angelegte Werk, ist der Auftaktsingle allerdings nicht anzuhören. Immerhin geht es bei „Work Bitch“ mit Britney Spears an der Peitsche, zwischen Euro-Trash und frühem Keller-Rave böllernden Synthesizern und mindestens sinnentleerten Textzeilen wie „You want a hot body? / You want a Bugatti? / You want a Maserati? / You better work bitch!“ um irgendwas mit Luxus – oder vielleicht darum, dass man ihn hat, wenn man ihn braucht. Wie? Ach so, ja, das kann dann eventuell doch autobiografisch verstanden werden. 

Sexy Explosionen 

Selbstreferenziell wie im Selbstvermarktungsfach des Konfektionspop üblich kommt etwa auch „Alien“ daher, mit dem Spears ihre Einsamkeit an der einstigen Charts-Spitze und die Errettung über die Liebe besingt. Neben dem Lover von einst geht es dabei immer auch um den Boyfriend von heute. Zum Partyeskapismus in der Großraumdisco als von Vorbild Madonna geborgtes Haupttextsujet ist so auch dafür gesorgt, dass im Schlafzimmer gleichfalls die Funken sprühen. Liebemachen bis zur sexy explosion. Schnackseln bis die Rettung kommt. Speziell ein Song des Albums nimmt sich diesbezüglich kein Blatt vor den Mund. Er garantiert mit den grotesken Zeilen von Gastrapper T.I. neben dem „Parental Advisory“-Sticker am Cover, dass letztlich auch kein Auge trocken bleibt: „She like the way I eat her / Treat her like an animal / Somebody call PETA!“

Drei, zwo, eins, Las Vegas, ich komme – der Song heißt „Tik Tik Boom“. 

Britney Spears: Britney Jean (Sony)

(Wiener Zeitung, 30.11./1.12.2013)

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