Donnerstag, Dezember 05, 2013

Glühen im Äther

Das Wien Museum erinnert an den Radiomacher und DJ Werner Geier (1962-2007) 

Wichtig sind natürlich die Hörstationen, die Werner Geier noch einmal in seinem Kernelement erfahrbar machen – und der Vergänglichkeit des Mediums Radio damit ein Schnippchen schlagen. Aber auch Geiers Überzeugungstäterschaft als Verführer in Sachen Pop sorgte hörbar für Musikvermittlung, die bleibt. Hier wurde Radioarbeit definitiv nicht als Job verstanden. Wir spüren immer auch ein großes lichtes Glühen, das mit trockener Stimme aus dem Äther dringt.

Werner Geier über ein frühes Wien-Konzert des Trip-Hop-Vorreiters Tricky: „Hier steht unser kollektives Unterbewusstsein auf der Bühne.“ Gerade auch deshalb, weil sie den Hörer auf sich selbst zurückwerfe, sei diese Musik die zu ihrer Zeit gefährlichste gewesen. Die Seele, das Herz – alles Schlangengruben. Keine Frage. 

In den 80er- und 90er-Jahren sorgte Geier für entscheidende Akzente im heimischen Popgeschehen. Als Mitarbeiter und später im Leitungsdoppel mit Fritz Ostermayer schob er im Rahmen der „Musicbox“ Fremdkörper mit Mehrwert in das Nachmittagsprogramm von Ö3. In der Prä-Internet-Ära sorgte er mit Formaten wie „Tribe Vibes“ oder der eigentümlich poetischen Sound-Text-Collage „Rough Mix“ auf FM4 dafür, dass Musik als noch keineswegs jederzeit verfügbares Kulturgut gerade auch ihren Weg in die Peripherie fand. Auch so wurden Leidenschaften befreit.

Ein Fax von Nick Cave

Als Clubbetreiber und DJ Demon Flowers gestaltete Geier etwa den sogenannten „Grufti-Mittwoch“ im damals noch angesagten U4. Seine Vorliebe für Nick Cave und Henry Rollins blieb, der Fokus wanderte bald aber in Richtung Hip-Hop und Beat-zentrierte Black Music. „Tribe Vibes“ kündete ebenso davon wie sein Label Uptight, auf dem er im Verbund mit Rodney Hunter 33 diesbezügliche Releases verantwortete.

Mit „Uptight – Die Sammlung Werner Geier“ stellt das Wien Museum Dokumente einer Zeit neben Obskures (wie Geiers Dienstausweis): Die Cover-Art des Uptight-Labels trifft auf Impressionen Werner Geiers bei der Arbeit, Poster und Flyer treffen auf Fundstücke wie etwa die Setlist von Nirvanas Prä-Durchbruchskonzert im U4 (1989) oder eine handschriftliche Fax-Nachricht von Nick Cave. Die Trägermedien der Zeit hießen Diskette und Kassette. Alle Arbeitsstationen werden knapp, aber bildvermittelnd behandelt.

Eine heimtückische Krankheit beraubte Geier seiner motorischen Fähigkeiten, seiner Stimme, seiner Arbeit und im Alter von nur 45 Jahren 2007 auch seines Lebens. Seine Hingabe hingegen wirkt im Wien Museum bis heute nach. 

Ausstellung 

Uptight – Die Sammlung Werner Geier
Wien Museum
5. Dezember 2013 bis 23. März 2014
Kurator: David Schuller 

(Wiener Zeitung, 6.12.2013)

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