Bärig! Hansi
Hinterseer, Musikant aus dem Tirolerland, wird am Sonntag 60 Jahre alt
- Zum
Geburtstag des volkstümlichen Schlagerstars
Zweifelsohne
hätte es sich Hansi Hinterseer auch einfach machen und dabei bleiben können,
unter Rückgriff auf einen Biersponsor am Stirnbandl launig aus der ORF-Kabine
heraus zu kommentieren, wenn etwa Benni Raich über den Ganslernhang wedelt:
„Leitln, i sog’s enk, bärig isʼ heit!“
Weil
man der Welt aber auch etwas mehr von dem zurückgeben muss, was einem der
Herrgott geschenkt hat – zu einem Wohnsitz im Heiligen Land Tirol kommt bei
Hansi Hinterseer auch eine Weltkarriere in den Schlagerkarussell-Einzugsgebieten
Deutschland, Österreich, Schweiz und Vinschgau –, kennt man den blondesten
Skifahrer von seinerzeit längst aber vor allem als volkstümlichsten Star
unserer schönen Hoamat. Wichtig ist dabei allerdings, die für den Rollenwechsel
erbrachten Opfer nicht zu übersehen.
Sodom auf Obstlerbasis
Zur
entzückenden wie erdrückenden Liebe eines Publikums, das seinen Hansi ohne
dessen Einwilligung gleich auch zum Schwiegersohn imaginiert, gesellt sich
nicht nur die Gefahr, in der Stadthalle Villach mit einem Rollator zu
kollidieren – oder vom eigenen Fanclub noch bei Lebzeiten unter dem Rosenhügel
beerdigt zu werden. Anders als bei einem auf BHs und Höschen gebuchten Tom
Jones gilt es für Hansi Hinterseer auch noch, Plüschtieren von der Größe eines
Karl Moik auszuweichen. Vor allem aber die von Christian Tramitz und Roland
Düringer als „Die Gipfelzipfler“ skizzierten Abgründe der Schlagerbranche, die
etwa auch depressive Schübe und ihre Bekämpfung per
Serotonin-Wiederaufnahmehemmer und Spritzwein bedeuten, gilt es zu überstehen.
Das Publikum glaubt, es ist die heile Welt, dabei herrscht backstage Sodom auf
Obstlerbasis!
Gerüstet
gegen Abgründe dieser Art ist Hansi Hinterseer über seinen grundsoliden
Lebenswandel und beispielsweise auch den ihm fehlenden Zynismus. So gekünstelt
sein tatsächlich nahe an die heile Welt reichendes Werk für Fachfremde wirken
mag, Hörer wissen: Der Hansi ist echt. Davon kann man sich bei der Fanwanderung
über die schönen Berge in „Kitzbichl“ – einmal mit dem Hansi rein in die Mausefalle,
wer möchte das nicht? – ebenso überzeugen wie längst auch bei gemeinsamen
Reisen in die ferne Türkei. Dass die Verpflegung in dortigen
All-inclusive-Clubs nicht mit dem Angebot einer tirolerischen Skihütte mithält
und man einen Kaspressknödel in Alanya de facto nicht kennt, ist spätestens
vergessen, wenn Hansi Hinterseer am Abend ein Liadl singt. Während sich im Zuge
der Fanwanderung zum Gipfelkreuz bevorzugt Jesus-Analogien aufdrängen, ist
Hansi Hinterseer von der Lippenbewegung her übrigens eher eine Madonna. Die
Fans aber stört das nicht. Glaube hat immer auch mit Vertrauen zu tun.
Die frohe
Botschaft
Zu
schunkelnden Rhythmen, einem gemächlich hatscherten Bierzeltbass, am
Casio-Keyboard gespielten Akkorden und den sie umschmeichelnden Dosentrompeten
zählt vor allem, dass die Lieder etwas Tröstliches haben. Frohbotschaften („So
ein schöner Tag“), Liebesbekundungen („Servus schöne Wirtin“, „Ich hab dich
einfach lieb“) und streng auf den Alpenraum beschränkte Standortbestimmungen
(„Ich gehörʼ den Bergen“, „Viele Grüße aus Tirol“) bestimmen das Werk.
Ausnahmen bestehen nur in pflichtschuldig eingesungenen Weihnachts- und
Kinderliedalben sowie vor allem in Hinterseers christlicher Phase mit den
beängstigend klingenden Zithergebeten der Aufnahme „Vater, dein Wille geschehe“
von 2002.
Durch
die Beendigung seiner TV-Arbeit durch die ARD stand im Vorjahr zwar auch
Verdruss auf dem Programm. Dank der gewohnt positiven Einstellung Hinterseers
verzog sich der Ärger aber beinahe so schnell wie der Nebel über dem
Hahnenkamm. Manda, am kommenden Sonntag wird der Schlagerstar sechzig! Und wie
heißt es auf dem Album „Heutʼ ist dein Tag“ doch so schön: „Von allem für dich
nur das Beste / Ab heutʼ nur noch Gaudi und Feste!"
(Wiener Zeitung, 31.1.2014)
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