In der Nacht auf
Montag wurden in Los Angeles zum 56. Mal die Grammys verliehen
- Als große Sieger
des Abends gingen Daft Punk nach Hause
Zur
Feier des Tages nahmen die einstigen Roboter-Futuristen Daft Punk ihre Preise
nicht nur in den feinsten Sonntagsanzügen entgegen. Vor allem auch in Sachen
Helm-Mode wurde im Staples Center mit auf Hochglanz polierten Visieren nichts weniger
als dem Anlass gebotener Edelstoff angelegt. Immerhin ging es darum, gleich
fünf Grammys – auch in den Hauptkategorien „Album des Jahres“ und „Aufnahme des
Jahres“ – nach Frankreich zu holen. Die Maulfaulheit bei der Preisannahme ging im
Übrigen nicht auf mangelnde Fremdsprachenkenntnis zurück, sondern auf die einer
handelsüblichen Maschine unbekannte Lust, sich mit Trivialitäten aufzuhalten. „Get
Lucky“-Sänger Pharrell Williams durfte die Pflicht übernehmen und sich stellvertretend
ausmalen, wem Daft Punk wohl danken mochten. Und nein, es war nicht Gott, dem
sich bei den auch mit Kategorien wie „Best Contemporary Christian Music Song“
aufwartenden Grammy Awards kein Geringerer zuwandte als der durchaus weltliche
Rapper Jay-Z.
Pop trifft
Produkt
Nach
einst nicht nur in Sachen Konzept kompromisslosen und künstlerisch dringlichen Arbeiten
wie dem bahnbrechenden Debüt „Homework“ von 1997 sind Daft Punk mit den nun
ausgezeichneten Disco-Wiedergängen ihres Albums „Random Access Memories“ zwar
längst in der Vergangenheit angekommen. Für die nie an den Rändern, sondern nur
an einer der gesellschaftlichen Mitte auch verkaufbaren Schnittmenge aus Pop
und Produkt interessierten Grammys ist der Preissegen zum gegenwärtigen
Zeitpunkt aber nur folgerichtig.
Dass
Daft Punk bei ihrem Auftritt mit Stevie Wonder zunächst auf der Bühne fehlten –
vorgeschickt wurden Pharrell Williams und Chic-Mastermind Nile Rodgers –, durfte
entfernt als Referenz an Kraftwerk gedeutet werden, an deren statt einst allerdings
tatsächliche Roboter dienstleisteten. Kraftwerk, ohne deren Pionierarbeit Daft
Punk in dieser Form nicht denkbar wären, erhielten am selben Abend zwar den
Grammy für ihr Lebenswerk – was eine gewisse Versöhnung mit der gerade in den
USA oft missverstandenen Band bedeutete (man erinnere sich an „The Big
Lebowski“ und die darin als Kraftwerk-Persiflage in Erscheinung tretende Formation
Autobahn). Die Beschränkung des Preises auf eine Randnotiz ohne Auftritt allerdings
verdeutlichte, dass die Grammys Wichtigeres zu tun haben. Sich mit
Trivialitäten aufzuhalten, zum Beispiel.
Warten auf die
Werbung
Der
zum Auftakt gereichte Balzer des Branchen-Ehepaars Beyoncé und Jay-Z etwa
erwies sich erst nach den belanglosen Auftritten von Hunter Hayes oder Keith
Urban als vergleichsweise spannend. Taylor Swift wiederum versuchte mit
verhaltensauffälligem Haupthaargeschüttel von ihrer Musik abzulenken. Pink legte
die Rolle des Popstars erneut als Hochleistungssportlerin am Trapez an. Und
Metallica, diesmal gemeinsam mit dem Pianisten Lang Lang, setzten die
lang-lange Liste ihrer verunglückten Kollaborationen fort. Immerhin aber dauerte
es bis zur nächsten Werbepause jeweils nur 20 Minuten!
Ein
(freiwillig) bizarrer Ausreißer vom Zuschnitt einer Miley Cyrus wurde letztlich
vermisst. Rührend der gemeinsame Auftritt von Paul McCartney und Ringo Starr,
der auch Yoko Ono zum Tanzen brachte. Expressiv, dabei aber dennoch jugendlich-verhuscht
die mit „Royals“ für den „Song des Jahres“ ausgezeichnete 17-jährige
Neuseeländerin Lorde und ihr Mainstream mit Mehrwert.
Den
pathosschwangeren Höhepunkt im Grammy-Sinn markierte die Trauung von 33 Paaren
zu den Klängen des nicht nur als Gay-Hymne hörbaren „Same Love“ von Macklemore
& Ryan Lewis – inklusive Queen Latifah und Madonna in ihren Zweitjobs als
Standesbeamtin und Hochzeitssängerin.
Ja, so ein Grammy ist harte Arbeit für alle
Beteiligten. Ein Roboter müsste man sein: „Up all night to get lucky!"
(Wiener Zeitung, 28.1.2014)
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