Mit dem Album
„The Classic“ veröffentlicht Joan As Police Woman ihr Meisterstück
- Gefühliger Soul,
dynamisch und zeitlos
Sicherlich
darf der Pressetext auch für ein klein wenig Skepsis sorgen. Dass es Joan
Wasser, wie hier behauptet wird, aktuell so gut gehe wie „noch nie in meinem
Leben“, freut uns zwar für die Protagonistin. Allerdings bringt man das
Klischee vom leidenden Künstler als Schöpfer der größten Kunst doch nicht so ganz
aus dem Kopf.
Soul mit Schwung
Das
neue Album der 1970 geborenen und besser als Joan As Police Woman bekannten
US-Musikerin allerdings zerstreut sämtliche Bedenken – vom ersten Ton an wird
hier höchst überzeugend auf die Hörerschaft eingewirkt. Deutlicher denn je
geschieht dies heute mit den Mitteln des Soul, der auf „The Classic“ regiert
und dabei zu durchaus beschwingten Ergebnissen führt. Mit reichlich Groove, der
sich zu Marching-Drums und Bläsern der Neigungsgruppe New Orleans entfaltet,
wird der Reigen von „Witness“ eröffnet. Das als Liebesbekenntnis daherkommende
„Holy City“ steht dem Beginn in Sachen Bewegung in nichts nach und führt schließlich
zum Titelsong, mit dem Joan As Police Woman in ihrer Rolle als Frau, die das
Herz erwärmt, endgültig Frühlingsgefühle sprießen lässt: „You threw out all my
devils / To make room for monumental love“ und „Could it be that you are the
one?“, heißt es hier in gemeinschaftlichem Doo-wop-Gesang, dessen gut
angeschmalzter Vintage-Charakter nur vom beigestellten Beatboxing sanft
aufgebrochen wird.
Grundsätzlich
präsentiert Joan As Police Woman auf „The Classic“ Soul, dem kaum etwas
Modernes anhaftet – der gängige Genreformalismen aber mit unerwarteten Arrangements
in neue Richtungen führt. Die Ergebnisse sind, mit dem privaten Glück
korrespondierend, stimmungsmäßig im Positiven verwurzelt, lassen mit dem
siebenminütigen „Good Together“ zwischendurch aber auch ein Mehr an
Melodramatik zu. Die dynamische Breite des Albums wird zusätzlich von „Get
Direct“ erklärt, bei dem Joan Wasser, sich nach dem Lover verzehrend, zu
sparsamen Arrangements aufs zärtlichste raunt. Mit „Shame“ wiederum setzt es
sonnenzentrierten Funk, während sich „New Yearʼs Day“ trocken durch die
Staubwüste schleppt und „Ask Me“ am Ende auch noch mit einem stimmigen
Reggae-Beat überrascht.
Jeder Ton sitzt
Nach
Anfängen als Teil der Live-Band von Rufus Wainwright sowie im Umfeld von Antony
and the Johnsons scharrt Joan As Police Woman heute selbst ein 12-köpfiges
Ensemble um sich, dem neben dem Comedian und Musiker Reggie Watts etwa auch
Singer-Songwriter Joseph Arthur angehört, der hier nicht nur den Kellerbass
gibt. Unter besonderer Berücksichtigung von Heimorgelsounds und Fender Rhodes
sowie unter Beigabe sublimer Streicherarrangements ist dabei nichts weniger als
ein Album entstanden, bei dem jeder Ton sitzt. Das Live-Konzert am 2. Mai in
der Ottakringer Brauerei darf man sich folgerichtig als Pflichttermin in den
Kalender schreiben.
Joan As Police Woman: The Classic (PIAS/Rough Trade)
(Wiener Zeitung, 5.3.2014)
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