Dienstag, März 04, 2014

Die das Herz erwärmt

Mit dem Album „The Classic“ veröffentlicht Joan As Police Woman ihr Meisterstück 

- Gefühliger Soul, dynamisch und zeitlos 

Sicherlich darf der Pressetext auch für ein klein wenig Skepsis sorgen. Dass es Joan Wasser, wie hier behauptet wird, aktuell so gut gehe wie „noch nie in meinem Leben“, freut uns zwar für die Protagonistin. Allerdings bringt man das Klischee vom leidenden Künstler als Schöpfer der größten Kunst doch nicht so ganz aus dem Kopf. 

Soul mit Schwung 

Das neue Album der 1970 geborenen und besser als Joan As Police Woman bekannten US-Musikerin allerdings zerstreut sämtliche Bedenken – vom ersten Ton an wird hier höchst überzeugend auf die Hörerschaft eingewirkt. Deutlicher denn je geschieht dies heute mit den Mitteln des Soul, der auf „The Classic“ regiert und dabei zu durchaus beschwingten Ergebnissen führt. Mit reichlich Groove, der sich zu Marching-Drums und Bläsern der Neigungsgruppe New Orleans entfaltet, wird der Reigen von „Witness“ eröffnet. Das als Liebesbekenntnis daherkommende „Holy City“ steht dem Beginn in Sachen Bewegung in nichts nach und führt schließlich zum Titelsong, mit dem Joan As Police Woman in ihrer Rolle als Frau, die das Herz erwärmt, endgültig Frühlingsgefühle sprießen lässt: „You threw out all my devils / To make room for monumental love“ und „Could it be that you are the one?“, heißt es hier in gemeinschaftlichem Doo-wop-Gesang, dessen gut angeschmalzter Vintage-Charakter nur vom beigestellten Beatboxing sanft aufgebrochen wird.

Grundsätzlich präsentiert Joan As Police Woman auf „The Classic“ Soul, dem kaum etwas Modernes anhaftet – der gängige Genreformalismen aber mit unerwarteten Arrangements in neue Richtungen führt. Die Ergebnisse sind, mit dem privaten Glück korrespondierend, stimmungsmäßig im Positiven verwurzelt, lassen mit dem siebenminütigen „Good Together“ zwischendurch aber auch ein Mehr an Melodramatik zu. Die dynamische Breite des Albums wird zusätzlich von „Get Direct“ erklärt, bei dem Joan Wasser, sich nach dem Lover verzehrend, zu sparsamen Arrangements aufs zärtlichste raunt. Mit „Shame“ wiederum setzt es sonnenzentrierten Funk, während sich „New Yearʼs Day“ trocken durch die Staubwüste schleppt und „Ask Me“ am Ende auch noch mit einem stimmigen Reggae-Beat überrascht. 

Jeder Ton sitzt 

Nach Anfängen als Teil der Live-Band von Rufus Wainwright sowie im Umfeld von Antony and the Johnsons scharrt Joan As Police Woman heute selbst ein 12-köpfiges Ensemble um sich, dem neben dem Comedian und Musiker Reggie Watts etwa auch Singer-Songwriter Joseph Arthur angehört, der hier nicht nur den Kellerbass gibt. Unter besonderer Berücksichtigung von Heimorgelsounds und Fender Rhodes sowie unter Beigabe sublimer Streicherarrangements ist dabei nichts weniger als ein Album entstanden, bei dem jeder Ton sitzt. Das Live-Konzert am 2. Mai in der Ottakringer Brauerei darf man sich folgerichtig als Pflichttermin in den Kalender schreiben.

Joan As Police Woman: The Classic (PIAS/Rough Trade) 

(Wiener Zeitung, 5.3.2014)

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