Das deutsche
Comedy-Trio Y-Titty bespaßt sein Publikum vor allem per Youtube
- Live-Vorstellung
am Samstag in Wien
Früher
stand ein Kasten im Wohnzimmer. Wir nannten ihn Fernseher. Im Fernseher gab es den
FS1 und den FS2 und darin wiederum Leute, die bei allen bekannt waren. Sie hießen
Bud Spencer, Edith Klinger oder Habakuk und sorgten dafür, dass wir ein
gemeinsames Thema hatten, wenn das Wetter als Gesprächsstoff nichts hergab. Wir
sahen rauchende Studiogäste, den Seniorenclub und noch lange kein
Dschungelcamp. In der Nacht kam die Bundeshymne und danach war Sendeschluss. Wir
gingen ins Bett oder Testbildschauen. Das ist sehr lange her.
Heute
gibt es viele Geräte, die wir in die Tasche stecken, damit sie uns in die
Tasche stecken – was wir nicht zugeben, denn sie sind sehr bequem. Ein jeder von
uns nutzt auf den Geräten anderen Content. Nach getaner Arbeit reden wir über
das Leben oder aneinander vorbei. Was sind das für Leute, von denen du
sprichst? Soll man die kennen? Und warum kenne ich sie dann nicht?
„Stricksocken
Swagger“
Spartenstars
und Diversifikations-C-Celebritys. Helden und Heldinnen des Segments! Früher
gab es Nischenkunst, heute sind alle sehr berühmt – unter ihren Leuten. Wer
etwa Y-Titty nicht kennt, ist ein alter Mensch, sagen wir, so um die 30.
Y-Titty
haben einen sehr guten Humor. Sie machen auch sehr gute Musik. Das stimmt zwar
nicht, dafür aber – und so viel steht fest – sind sie erfolgreich. Die Betonung
liegt auf Erfolg. Reich wird man auch mit einer auf den deutschsprachigen Raum
konzentrierten Weltkarriere per Youtube nicht, aber immerhin, man kann davon
leben. Das ist hierorts einzigartig und an ein Abkommen mit dem Konzern
gebunden, nicht über Geld zu sprechen. Pecunia olet. Non.
Mit
Zahlen beeindruckt man insofern, als einzelne Videos an die 20 Millionen Klicks
vorweisen können und der Hauptkanal von Y-Titty auf Youtube drei Millionen
Abonnenten verbucht. Harte digitale Währung. Aufmerksamkeitsökonomie. Man
produziert Comedy, die sehr deutsch ist, spielt Hitvideos von Miley Cyrus,
Rihanna oder Eminem auf lustig sein wollend nach oder umrahmt selbstgeschriebene
Songs, die fast so gut unterhalten, wie es ihre Titel („Ständertime“) vermuten
lassen.
Mit dem zwecks Pensionsvorsorge oder
Finanzpolster für ausgedehnte Thailand-Urlaube im Falle eines abrupten Karriereendes
veröffentlichten Debütalbum „Stricksocken Swagger“ (Universal) im Gepäck
gastieren Y-Titty diesen Samstag in Wien. Der Auftritt in der Arena ist seit
Monaten ausverkauft. Selbstverständlich, aber jetzt psst! Facebook geht auch
nicht mehr, seit Mama und Papa dabei sind.
(Wiener Zeitung, 8./9.3.2014)
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen