Anna Attar alias
Monsterheart veröffentlicht ihr Debütalbum „W“ auf Seayou Records. Eingängiger
Pop trifft auf kunststudentischen Gestus
Wohnen
zwei Seelen, ach, in ihrer Brust? Nicht nur der Künstlername lässt es vermuten.
Immerhin demonstriert Anna Attar mit ihrer Musik zwar eine unbedingte Neigung
zur Herzensangelegenheit, ohne aber auf die mit dieser oft einhergehenden
Abgründe zu vergessen. Das Herz als Schlangengrube gebiert immer auch Monster –
so oder so ähnlich jedenfalls darf assoziiert werden, wenn es um den
Künstlernamen geht: „Monsterheart“ steht in Versalien auf dem Albumcover
geschrieben.
Düster-Moll
Das
soeben auf Seayou Records erschienene Erstlingswerk „W“ verstärkt den Eindruck
einer gewissen Dialektik. Einerseits hört man eingängige Hooklines, die gerne
leichtfüßig daherkommen und süß bis zum Rande der Klebrigkeit aus den Boxen
strömen. Andererseits wird mit auf Licht und Schatten fokussierten Texten
zwischen Grabes- und Alptraumsujets mit beigestellten Hexen und schmusen
wollenden Skeletten nicht zuletzt der Horror unter dem Zuckerguss entblößt. In
solchen Momenten kippt auch die Musik in Richtung Düster-Moll, um zwischen der
Collapsing-New-People-Harmonik eines Songs namens „Wired“ und dem mitunter
schwarzromantischen Unterton auch zu erklären, warum die Albumpräsentations-Party
im nicht zuletzt bei der IG Gothic beliebten Viper Room in Wien Landstraße über
die Bühne ging.
Weil
man vermutlich nicht zwingend dogmatisch veranlagt ist und in der
Neigungsgruppe ohnehin ein spielerischer Zugang vorherrscht, der bedeutet, dass
immer alles gehen kann, sprich dürfen muss, sind die von Monsterheart stimmig
vereinten Pole und (scheinbaren) Widersprüchlichkeiten aber noch durchwegs
breiter. Nicht zuletzt werden mit den elf Songs, deren Fokus auf
schlicht-simple Melodien durch Stilmittel wie Repetition und eine grundsätzlich
auf Homogenität gestimmte Produktion nachdrücklich Unterstützung erhält, die
Lo-Fi-Wurzeln einer Berliner Kelleraufnahme nicht etwa gegen die schillernde
Oberfläche dreier Buchstaben namens Pop ausgespielt. Und auch, dass Pop im
eigentlichen Sinn hier nicht im Widerspruch zur kunststudentischen Inszenierung
und deren Nachhall im nicht nur bei einem Song namens „Bunnies“ womöglich von
Claire Boucher alias Grimes inspirierten Gesang steht, darf man erwähnen.
One-Woman-Show
Durchgehende
Orgelgrundierung, Tagträume übersetzende Zwischenspiele und reichlich Hall, Hall,
Hall runden die Ergebnisse ab. Gegen Ende wird mit einem Blockflötenarrangement
auch noch daran erinnert, dass Anna Attar vor ihrer 2011 erfolgten Neuerfindung
als One-Woman-Show der Wiener Indie-Rasselband Go Die Big City vorstand. Das
ist jetzt auch schon ein Zeitl her – nicht nur eingedenk der in die
(Un-)Endlichkeit deutenden Dimensionen, die Monsterheart mit ihrer (aufgelegten)
Aneignung des US-Traditionals „Oh Death“ beschwört: „Oh, Death / Wonʼt you
spare me over ʼtil another year?"
Monsterheart: W
(Seayou Records)
(Wiener Zeitung, 17.4.2014)
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