Donnerstag, April 17, 2014

Spielen, ohne mitzuspielen

Die Linzer Band Valina geht mit ihrem neuen Album „Container“ auf Europatournee. Wien-Termin am 24. April im Chelsea. 

Man besteht seit 1995 und gehört zu den wenigen heimischen Gitarrenbands, die sich nicht auf eine Tourkarriere zwischen Dornbirn und Wien beschränken (müssen). Man ist imstande, sich auf Konzertreise durch Europa zu begeben und sowohl in den USA als auch in Chile oder Israel aufzutreten. Man teilt solchermaßen die Vorliebe für Tourstationen abseits gängiger Pflichtstopps, wie sie die ebenfalls aus Linz stammenden Attwenger zwischen Ho Chi Minh City und Zimbabwe kultivieren. Und man wendet sich per Band-Homepage gleichermaßen sympathisch wie gewitzt an die Konzertveranstalter, um über die Bedürfnisse eines Kleinunternehmens auf Reisen zu informieren: „Weʼd like to think of ourselves as friendly, polite people and not as rockstar assholes. Please consider yourself as the host of a band on the road who is dependent on your hospitality... and enough food, enough sleep and enough alcohol. Thank you!“ 

Zusätzlich können Valina von sich behaupten, von einem sogenannten großen Namen am Mischpult betreut zu werden: Seit seinem Album „Vagabond“ von 2003  nimmt das Trio in Chicago mit Steve Albini auf, der nicht nur aufgrund seiner einstigen Mitgliedschaft in der US-Band Big Black sowie dank seines Projekts Shellac als Legende über Post-Hardcore-Kreise hinaus gilt. Vor allem seine auf den Underground fokussierte Produzententätigkeit – mit wenigen Halb-Ausnahmen für PJ Harvey oder vor allem Nirvana – trug den Mann in die Geschichtsbücher ein. Fast ebenso erstaunlich wie diese Karriereeckpfeiler Valinas könnte es sein, dass die Band in Österreich bis heute als Geheimtipp gilt. Das wiederum hat, neben der für sich genommen nicht auf die Massen abzielenden Musik, aber auch mit einer bewussten Entscheidung zu tun. Man setzt auf im Zeitalter der permanenten Eigenwerbung per Social-Media-Profil ungewohnt noble Zurückhaltung und freundliche Verweigerung. Valina spielen. Aber sie spielen nicht mit! In der offiziellen Band-Biografie kündet etwa auch die stolze Verlautbarung davon, man hätte weder ein Management noch jemals Gitarrenunterricht genommen. Auch Letzteres ist erstaunlich: Wie das kommende Woche erscheinende neue Werk „Container“ (Trost Records) beweist, setzen Valina auf Hochpräzisionsmusik, der so gar nichts Dilettantisches anhaften mag. 

Aus klar gesetzten Riffs und konzentrieren Bass-Gitarre-Schlagzeug-Interaktionen, die zwischen Sturm und Drang auf Wall-of-Sound-Basis, spröd angerissenen Sechssaitern, melodiös-harmonischen Motiven und hektischem Schlagzeug oszillieren, entwickeln Valina dynamische Stop-and-Go-Spielereien, die aber nie auf das Songwriting vergessen. Durchaus beeindruckend, dass das alles live aufgenommen wird, Studiotricks und Overdubs also außen vor bleiben. Nach dringlichen 38 Minuten und instrumentalen Intermezzos, die auch mit vom Jazz her kommendem Saxofon auflauern, setzt es mit den wuchtig-donnernden Slow-Motion-Akkorden von „(The Assasination Of) Perito Moreno“ zum Abschluss noch einmal heiße Ohren – und Glücksgefühle.

Die Europatour Valinas beginnt heute, Freitag, im Innsbrucker P.M.K, ehe die Band am 24. April im Wiener Chelsea gastiert und sich bis in den Herbst bis nach Spanien und Italien spielen wird. Man mag Linz. Aber man muss sich zwischendurch auch einmal empfehlen. 

(Wiener Zeitung, 18.4.2014)

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