Zum Tod des
großen US-Soulsängers, dem erst vor zwei Jahren ein spätes Comeback gelang
Erst
im Juli des Vorjahres durfte man Bobby Womack in der Wiener Staatsoper erleben.
Bereits gesundheitlich angeschlagen, ließ sich der US-Soulsänger und
Songschreiber im Rahmen des Jazz Fest Wien nicht etwa nur für sein spätes
Comeback mit dem Album „The Bravest Man In The Universe“ (2012) feiern. Mit
losen Beiträgen daraus, die vom modernistischen Zierrat der betont heutigen
Produktion befreit und in eine klassische Soul-Revue eingebettet wurden, galt
es, Rückschau auf eine bewegte Karriere zu halten.
In diese startete der am 4.
März 1944 geborene US-Amerikaner aus Cleveland, Ohio, im Verbund mit der
Familienunternehmung The Womack Brothers zunächst noch im Bereich der
Gospel-Musik. Entdeckt von Sam Cooke, der die fünf Brüder bald auch für sein
Label unter Vertrag nahm, erfolgte der Richtungswechsel in weltliche Gefilde. Als
R&B-Band The Valentinos gelang mit dem 1964 veröffentlichten, von Bobby Womack
mitgeschriebenen „It’s All Over Now“ ein früher Eintrag in die Pop-Annalen. Eine
Coverversion des Songs bescherte den Rolling Stones noch im selben Jahr ihren
ersten Nummer-eins-Hit – und Bobby Womack Tantiemen, die ein finanziell
zunächst sorgenfreies Leben sicherstellten.
Die
Ermordung Sam Cookes gleichfalls 1964 versah die künstlerische Zukunft hingegen
mit einem Fragezeichen. Nachdem Womack ein Jahr später Cookes Witwe Barbara
Campbell geheiratet hatte, stießen Soloambitionen zudem auf den Widerstand der teils
empörten Community. Zusätzlich zu seiner Arbeit als Sessionmusiker für Janis
Joplin, Sly And The Family Stone oder Aretha Franklin reüssierte der gefragte
Gitarrist Womack aber auch als Songschreiber für Kollegen wie Wilson Pickett,
dem er Hits wie „I’m A Midnight Mover“ oder „I’m In Love“ überließ. Mit Alben
wie „Communication“ (1971) und „Understanding“ (1972), die heute als
quintessenzielle Soulklassiker gelten, war schließlich der Durchbruch unter
eigenem Namen gelungen. Zu einem großen Hit dieser Phase wurde der Titelsong zu
Barry Shears Blaxploitation-Film „Across 110th Street“, der die großstädtische
Hölle sogenannter Problemmilieus durchmaß und von Quentin Tarantino 1997 für
seine Genre-Hommage „Jackie Brown“ aus dem Archiv geholt wurde.
Nach
der Ermordung seines Bruders Harry 1974 und dem Verlust seines ersten Sohnes
zwei Jahre später schlitterte Bobby Womack in eine schwere Drogenabhängigkeit.
Parallel dazu und noch positiv aufgenommenen Alben wie „The Poet“ (1981) zum
Trotz ließ der kommerzielle Erfolg, wie bei so vielen Soulsängern seiner
Generation, in den 80er Jahren deutlich nach. Mit „Resurrection“ erschien 1994
das für lange Zeit letzte Album mit eigenem Material; das seinem Vater
gewidmete „Back To My Roots“ markierte 1999 eine temporäre Rückkehr zum Gospel.
Mit Lana Del Rey als Gaststimme und unter Regie
Damon Albarns (Blur, Gorillaz) sowie des XL-Recordings-Labelchefs Richard
Russell, der 2010 auch dem Soulpoeten Gil Scott-Heron zu einem letzten Erfolg
verhalf, klang Womack auf „The Bravest Man In The Universe“ vor zwei Jahren im
Sound zeitgenössisch, inhaltlich aber bereits durchaus herbstlich gestimmt. Im
Song „Deep River“ etwa ging es um die Reise über den Jordan und die Ankunft in
der Ewigkeit, Amen. Die Veröffentlichung eines weiteren Albums, das seiner
Alzheimer- und Krebsdiagnose mit dem Titel „The Best Is Yet To Come“ wiederum hoffnungsfroh
gegenübertrat, sollte Bobby Womack nun nicht mehr erleben: Am Freitag verstarb
der große Soulsänger. Er wurde 70 Jahre alt.
(Wiener Zeitung, 1.7.2014)
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