Samstag, Juni 28, 2014

Bobby Womack 1944-2014

Zum Tod des großen US-Soulsängers, dem erst vor zwei Jahren ein spätes Comeback gelang 

Erst im Juli des Vorjahres durfte man Bobby Womack in der Wiener Staatsoper erleben. Bereits gesundheitlich angeschlagen, ließ sich der US-Soulsänger und Songschreiber im Rahmen des Jazz Fest Wien nicht etwa nur für sein spätes Comeback mit dem Album „The Bravest Man In The Universe“ (2012) feiern. Mit losen Beiträgen daraus, die vom modernistischen Zierrat der betont heutigen Produktion befreit und in eine klassische Soul-Revue eingebettet wurden, galt es, Rückschau auf eine bewegte Karriere zu halten. 

In diese startete der am 4. März 1944 geborene US-Amerikaner aus Cleveland, Ohio, im Verbund mit der Familienunternehmung The Womack Brothers zunächst noch im Bereich der Gospel-Musik. Entdeckt von Sam Cooke, der die fünf Brüder bald auch für sein Label unter Vertrag nahm, erfolgte der Richtungswechsel in weltliche Gefilde. Als R&B-Band The Valentinos gelang mit dem 1964 veröffentlichten, von Bobby Womack mitgeschriebenen „It’s All Over Now“ ein früher Eintrag in die Pop-Annalen. Eine Coverversion des Songs bescherte den Rolling Stones noch im selben Jahr ihren ersten Nummer-eins-Hit – und Bobby Womack Tantiemen, die ein finanziell zunächst sorgenfreies Leben sicherstellten.

Die Ermordung Sam Cookes gleichfalls 1964 versah die künstlerische Zukunft hingegen mit einem Fragezeichen. Nachdem Womack ein Jahr später Cookes Witwe Barbara Campbell geheiratet hatte, stießen Soloambitionen zudem auf den Widerstand der teils empörten Community. Zusätzlich zu seiner Arbeit als Sessionmusiker für Janis Joplin, Sly And The Family Stone oder Aretha Franklin reüssierte der gefragte Gitarrist Womack aber auch als Songschreiber für Kollegen wie Wilson Pickett, dem er Hits wie „I’m A Midnight Mover“ oder „I’m In Love“ überließ. Mit Alben wie „Communication“ (1971) und „Understanding“ (1972), die heute als quintessenzielle Soulklassiker gelten, war schließlich der Durchbruch unter eigenem Namen gelungen. Zu einem großen Hit dieser Phase wurde der Titelsong zu Barry Shears Blaxploitation-Film „Across 110th Street“, der die großstädtische Hölle sogenannter Problemmilieus durchmaß und von Quentin Tarantino 1997 für seine Genre-Hommage „Jackie Brown“ aus dem Archiv geholt wurde.

Nach der Ermordung seines Bruders Harry 1974 und dem Verlust seines ersten Sohnes zwei Jahre später schlitterte Bobby Womack in eine schwere Drogenabhängigkeit. Parallel dazu und noch positiv aufgenommenen Alben wie „The Poet“ (1981) zum Trotz ließ der kommerzielle Erfolg, wie bei so vielen Soulsängern seiner Generation, in den 80er Jahren deutlich nach. Mit „Resurrection“ erschien 1994 das für lange Zeit letzte Album mit eigenem Material; das seinem Vater gewidmete „Back To My Roots“ markierte 1999 eine temporäre Rückkehr zum Gospel. 


Mit Lana Del Rey als Gaststimme und unter Regie Damon Albarns (Blur, Gorillaz) sowie des XL-Recordings-Labelchefs Richard Russell, der 2010 auch dem Soulpoeten Gil Scott-Heron zu einem letzten Erfolg verhalf, klang Womack auf „The Bravest Man In The Universe“ vor zwei Jahren im Sound zeitgenössisch, inhaltlich aber bereits durchaus herbstlich gestimmt. Im Song „Deep River“ etwa ging es um die Reise über den Jordan und die Ankunft in der Ewigkeit, Amen. Die Veröffentlichung eines weiteren Albums, das seiner Alzheimer- und Krebsdiagnose mit dem Titel „The Best Is Yet To Come“ wiederum hoffnungsfroh gegenübertrat, sollte Bobby Womack nun nicht mehr erleben: Am Freitag verstarb der große Soulsänger. Er wurde 70 Jahre alt.

(Wiener Zeitung, 1.7.2014)

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