Nachtkritik: Die
Rolling Stones gastierten in Wien
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Erste Notizen
zum Konzert der Rolling Stones vor 55.000 Besuchern im Wiener
Ernst-Happel-Stadion
1.
Es
beginnt, wie so oft auf der aktuellen Tour, mit „Start Me Up“. Die Rolling
Stones und ihre Fans sind eine Schicksalsgemeinschaft der fixen Gewohnheit.
2.
Mick
Jagger macht die meisten Meter. Keith Richards hat den meisten Spaß. Er trägt
grüne Sneakers, ein jamaikafarbenes Stirnband, dunkle Sonnenbrillen und das
Hemd bis zum Bauchnabel offen. Er hat damit entschieden mehr an als Miley Cyrus
bei ihrem Wien-Konzert. Dafür sind die Rolling Stones heute leiser als Prince
und weniger jung als Justin Timberlake vorletzte Woche.
3.
Im
ersten Konzertdrittel steht mit „You Got Me Rocking“ ein fast neuer Song. Er
ist aus 1994. Ebenfalls im ersten Drittel: „Angie“ mit Mick Jagger an der
akustischen Gitarre und „Get Off My Cloud“, das fast so alt ist wie die Rolling
Stones selbst. Verrückt!
4.
Nach
dem ersten Drittel stellt Mick Jagger die Musiker vor. Das freut Keith
Richards. Er darf sich jetzt endlich eine anrauchen! Danach muss er aber die
Lead-Vocals übernehmen. Er nennt es Arbeit.
5.
Keith Richards
singt dann „You Got The Silver“. Es ist nicht der schlechteste Song auf
der Setlist. Danach singt Keith Richards „Can’t Be Seen“. Es ist der
schlechteste Song auf der Setlist.
6.
Der
Bassist spielt ein Solo. Keith Richards lacht und will ihm „High five“ geben.
Es ist ein Witz. Der Witz heißt Rock ’n’ Roll und ist ziemlich gemein!
7.
Bei
„Midnight Rambler“ (und dann noch bei der letzten Zugabe) gesellt sich Mick
Taylor als Gastgitarrist zu seiner ehemaligen Band. Er spielt bessere und
längere Soli als Keith Richards und trägt einen Schal aus reinster Seide. Dafür
hat Keith Richards das Riff von „(I Can’t Get No) Satisfaction“ erfunden, um
noch lange vor dem Holzpyjama unsterblich zu werden. Ha!
8.
Die
Band hat Spaß am Konzert. Es ist ein Wunder. Ein Wunder im Zeichen des Rock ’n’
Roll.
9.
Die
größten Hits setzt es in den längsten Versionen: „Gimme Shelter“ oder „Brown
Sugar“ zum Beispiel …
10. … oder „Sympathy
For The Devil“, gegeben vor dem feuerroten Endzeitleuchten der letzten Tage.
Und ja, man empfindet heute beinahe Sympathie für den Teufel. Der Teufel, das
waren sehr lange die Rolling Stones selbst. Oder zumindest war es Mick Jagger.
11. Auch „(I Can’t
Get No) Satisfaction“ dauert an diesem Abend sehr lange. Die Rolling Stones
spielen den Song ganz am Ende. Oder spielt der Song die Rolling Stones? Niemand
kann es wissen.
12. Die rockenden
Rambler mit dem Boogie-Rhythmus als Grundierung machen alle tanzen. Dazu gibt
es Saxofon-Soli. Der nächste, der arbeiten muss. Keith Richards lacht. Schon
wieder.
13. Nach wie vor
gibt es fliegende Bierbecher und entsprechende Duschen bei einem Konzert der
Rolling Stones. Die Fans werden älter, aber nicht gescheiter. Am Ende stinken
wir alle.
14. In der U-Bahn
ist sich die Verwandtschaft dafür näher denn je. Der Abend war super und
superlustig. Und toll: Rock ’n’ Roll kann auch Familie!
Eine
ausführliche Konzertbesprechung finden Sie in der Mittwoch-Ausgabe der Wiener
Zeitung
(Wiener Zeitung Online, 17.6.2014)
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