Der britische
Jungmusiker George Ezra und sein Debütalbum „Wanted On Voyage“
Auf
Fotos sieht George Ezra eigentlich überhaupt nicht wie ein angehender
britischer Held der Musik aus. Sein Blick ist zu freundlich, seine Stimmung zu
gut. Und natürlich sind die Haare zu blond. Ja, der heute in Bristol wohnhafte
20-Jährige könnte glatt als Nachwuchshoffnung der deutschen
Fußballnationalmannschaft durchgehen. Zudem hat der Mann – junge weibliche Fans
werden es bestätigen – ein durchaus gewinnendes Lächeln. Und gewinnen ist gut.
Nicht nur für einen möglichen deutschen Mittelstürmer, sondern auch für den
aufstrebenden Folkmusiker in George Ezra, dem es für diese Rolle wiederum
erheblich an Bart und zerschlissener Arbeitstracht fehlt.
Auf
der Habenseite ist zunächst einmal das dunkle Timbre zu nennen. Tatsächlich
sorgt dieses dafür, dass man hinter George Ezra einen bereits etwas älteren
Herrn vermuten würde. Wenn nur die Musik nicht wäre! Zwar wurzeln die zwölf
Songs des am Freitag erscheinenden Debütalbums mit dem Titel „Wanted On Voyage“
(Sony Music) grundsätzlich in einer Art Folk. Bei Einschüben von weißem Blues,
souligen Anklängen und „Happy Day“-Werbungs-Gospel werden die Ergebnisse mit
der Formatradiosierungsmaschine aber zu einem popnahen Einheitssound
flachgebügelt, der außer beliebig vor allem doch recht jung klingt. Mit seiner
auf Heavy Rotation gebuchten Single „Budapest“ ist es dann auch schon passiert:
George Ezra ist ein Hit auf Ö3.
Das Ziel als
Ziel
Nach
Jake Bugg gibt es für gratis aufliegende Magazine mit buntem Papier also
trotzdem wieder einen Grund, irgendetwas mit Bob Dylan zu erwähnen. Das kann
man vergessen. Wobei sich eine billige Eselsbrücke zurück zum eigentlichen
Thema zumindest über das Schlagwort der „Never Ending Tour“ ergibt. Wie neben
dem Album- auch die beiden Songtitel „Barcelona“ und eben „Budapest“ nahelegen,
ist Ezras Erstling von einer Europareise inspiriert, die ihn vorerst auch ganz
privat nach Österreich brachte. Die daraus geschöpfte Kunst und der rasche
kommerzielle Erfolg wiederum sorgen nun für eine baldige Rückkehr im Rahmen der
branchenüblichen Konzertochsentour. So darf man sich etwa am 25. November in
der Wiener Arena davon überzeugen, dass der Brite zurecht auf Platz 5 des „BBC
Sound Of 2014“-Polls gewählt wurde. Wobei man erwähnen muss, dass dort vor
allem dem Sieger Bedeutung zukommt. Mit einer weiteren Einschränkung natürlich.
Dank Sam Smith war heuer selbst an der Spitze keine Relevanz auszumachen.
George
Ezra ist das freilich egal. Er arbeitet hart und lässt sich nur folgerichtig
als Handwerker inszenieren. Zu angenehm reduzierten Arrangements, Ezra an allen
Instrumenten (außer dem Schlagzeug) und einer Stimme, die, überwiegend
andächtig im Vortrag, gelegentlich auch in Falsetthöhen vordrängt, bleibt alles
unspektakulär. Manchmal quengelt sich ein käsiges 80er-Jahre-Keyboard in den
Vordergrund – und mit dem zum Dancefloor humpelnden „Stand By Your Gun“ oder
dem melodramatischen „Spectacular Rival“ ganz am Ende stehen auch zwei stilistische
Ausreißer auf dem Programm. Die Reise beginnt. Der Weg ist lang und steinig.
Auch und vor allem weil motivierte britische Jungmusiker seit Generationen ganz
genau wissen, dass für sie nur das Ziel das Ziel sein kann.
(Wiener Zeitung, 26.6.2014)
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