„FM4 HipHop Open“: US-Rapper Nas erinnert in der
Arena an sein Album „Illmatic“
Dass US-Rapper Nas zur
richtigen Zeit am falschen Ort war, drang nicht von Anfang an auch zu einer
breiten Öffentlichkeit vor. Trotz euphorischer Kritiken verkaufte sich sein
Debütalbum „Illmatic“ im Jahr 1994 nur schleppend. Der eine große Hit, der den
Durchbruch erleichtert hätte, fehlte – vermutlich aber bewusst. Schließlich
galt der Erfolg im Mainstream als Tod jedweder Credibility. Stattdessen setzte
man auf ein Gesamtkunstwerk, das auch ein Dokument sein sollte. Hip-Hop als
epische Reportage aus der Hölle des sogenannten urbanen Problemmilieus. Die
Welt ist verrückt – die Zeit ist krank: „Time Is Illmatic“ heißt folgerichtig auch die heuer am Tribeca Film
Festival vorgestellte Dokumentation rund um die seinerzeitige Albumgenese, die zum
20-jährigen Jubiläum entstand. Gleichfalls zur Feier des runden Geburtstags wird
das Album heute, Freitag, am „FM4 HipHop Open“ in der Wiener Arena open air live
aufgeführt. Man wird dann auch daran erinnert werden, dass der Karriereauftakt
bei Nas gleichzeitig der künstlerische Höhepunkt war.
„Illmatic“ markierte die
wortgewaltige Hommage eines Teenagers an seine Heimathood im von Sozialbauten
geprägten New Yorker Stadtteil Queensbridge, wo nicht zuletzt der als
epidemisch beschriebene Crack-Konsum eine gefährliche Abwärtsspirale aus Armut
und Gewalt in Gang setzte. Mit einem Selbstverständnis des Rappers als Poeten,
dem erst im Vorjahr auch die Harvard University mit der Einführung des nach ihm
benannten „Nasir Jones Hip-Hop Fellowship“ Tribut zollte, ging Nas an seine
Arbeit heran. Und er unterschrieb seine aus dem Kinder- und Jugendzimmer
unternommenen Beobachtungen mit ebenso harten wie trockenen Schlussfolgerungen:
„Life’s a bitch and then you die!“
Kalte Fakten
Nicht nur seine
bildreiche Sprache und sein gewinnendes Auftreten brachten dem Sohn einer
Post-Beamtin und eines Jazz-Musikers, der den organischen Old-School-Sound von
„Illmatic“ selbst am Horn befeuerte, den Respekt der bereits etablierten
Kollegenschaft ein. Produziert wurde das Debütalbum letztlich von Größen wie
Q-Tip von A Tribe Called Quest, DJ Premier oder Pete Rock. Wärmende
Vintage-Klänge über die kalten Fakten des Lebens als von Jazz- und Soul-Samples
mitgetragene Rap-Fusion mit dem nötigen Groove und Flow standen auf dem
Programm. Das Gesamtpaket ist bis heute als eines der zentralen Hip-Hop-Alben nicht
nur seiner Zeit angesehen.
Bald erfolgte Überschneidungen
zum ursprünglich verachteten Mainstream und ein durchwachsener, dem Abgrund die
Treue haltender Output um das als Tiefpunkt geltende Album „Nastradamus“ im
Jahr 1999 markierten den kommerziell nichtsdestotrotz erfolgreichen weiteren
Karriereweg ebenso wie Kontroversen. Erinnert sei an eine Battle mit Jay-Z nach
der Ermordung von The Notorious B.I.G. um die Erbfolge als „King Of New York“,
die Hip-Hop Fernstehenden ebenso fremd sein dürfte wie die Inszenierung des
Rappers etwa als Drogenbaron Escobar – oder auch an ein angedachtes Album mit
dem Titel „Nigger“, das Nas die Empörung aller denkbaren Seiten sicherstellte.
Heute neben anderen gleichfalls vor Nas in der Wiener Arena: Left Boy,
Blumentopf und Hilltop Hoods. Beginn: 14 Uhr.
(Wiener Zeitung, 11.7.2014)
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