Schall &
Rauch
Die Erkenntnis war natürlich
sensationell. Wobei sie sich nicht auf die von „Wien heute“ verbreitete
Hauptnachricht bezog, der zufolge Konzerte häufig zu laut seien. Die auf einer
Studie der Österreichischen Gesellschaft für Musik basierende Botschaft beeindruckte
vor allem mit ihrer Schlussfolgerung. Es sei nämlich so, dass die Musik leiser
werde, wenn man die Distanz zu den sie verströmenden Boxen vergrößere. Wer
hätte das gedacht?
Nun leben wir zwar grundsätzlich in
Zeiten der als Belehrung lesbaren Warnhinweise („Rauchen kann tödlich sein“,
„Bitte beachten Sie den Spalt!“, „Deshalb CDU!“) – wenn man auch absolute
Selbstverständlichkeiten mit der Tiefe eines „Die Welt für Dummies“-Bandes
erklärt bekommt, darf man sich dann aber doch wundern. Wobei – nun ja. Dieselbe
„Wien heute“-Ausgabe berichtete auch über den sogenannten Neffen-Trick. Der
Inhalt: Verwandte sind mitunter wildfremde Menschen, die betagte Mitbürger am
Telefon mit „Onkel“ ansprechen und 20.000 Euro geschenkt haben wollen. Die
Erkenntnis: Es gibt Personen, die diesem Wunsch nachkommen. Die
Schlussfolgerung: Ein Sprecher des Bundeskriminalamts rät „davon ab, solche
Geschäfte unter Anführungszeichen nur am Telefon abzuwickeln. Hier ist ein
persönlicher Kontakt wichtig.“ Um aber letztlich eh festzuhalten, dass man am
besten die Polizei anruft, „sollte einem etwas komisch vorkommen“. Eine Frage
noch: Ist es am Seniorenhandy eigentlich möglich, das Gespräch mit dem
potenziellen Neffen für einen Anruf beim Betrugsdezernat über Leitung zwei kurz
auf Eis zu legen?
Ja, man darf jetzt auch daran denken,
dass zweifelhafte Antworten oft mit zweifelhaften Fragen zusammenhängen. Und
gefragt wird heute viel. Schuld daran ist eine Mischung aus Verunsicherung und
der mittlerweile einfachen Möglichkeit, Antworten zu finden (es sei denn sie
sind spiritueller Natur). Bei Eingabe von „Warum ist“ in die Google-Suchmaske
etwa wird „Warum ist der Himmel blau“ als häufigste Anfrage vervollständigt.
Die Erklärung: Die Rache der Eltern am zu neugierigen Nachwuchs ist ein Griff
zum Smartphone. Die Schlussfolgerung hinter der Vervollständigung von „Wie
lange“ (nämlich: „bleibt THC im Urin“) auf Rang drei wiederum: Die parlamentarische
Bürgerinitiative mit dem Titel „Herausnahme von Cannabis aus dem
Österreichischen Suchtmittelgesetz“ hat aktuell gute
Chancen auf ein respektables Ergebnis, wenn sie es bloß schafft, ihre Anhänger zu
mobilisieren.
PS: Gegen mangelnden Antrieb hilft es,
von Cannabis Abstand zu nehmen. Und schon wären wir wieder beim als Belehrung
lesbaren Warnhinweis.
(Wiener Zeitung, 30./31.8.2014)
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen