Samstag, September 27, 2014

Bertl auf Kur

Schall & Rauch

Mit dem Rock ’n’ Roll ist es oft ein bisserl wie mit der Liebe oder einem Packerl Marlboro Rot. Du glaubst, es geht ewig dahin, und dann ist plötzlich der Ofen aus. Als der Bertl zum Beispiel in der Notaufnahme lag, hat er gleich „Komm du mir nicht deppert!“ geschrien, weil der Oberarzt in Hinsicht auf seine Bandscheiben meinte, nach vier Wochen Reha und einem weiteren Monat Schonung könne er vielleicht noch mit dem Rollwagerl in den Proberaum fahren. Und das auch nur, wenn er brav am Kurs „Pilates für Erstvorfallopfer“ teilnimmt. „Mit so einem Lebenswandel, da werdʼ ich mir ja selber noch fremd!“ Und als der Oberarzt dann ausgerechnet den Sting erwähnt hat und dass der zetbe ja auch Yoga macht, wäre aus dem Bertl beinahe ein Fall für den Kardiologen geworden. Weil bitte der Sting und der Oberarzt, diese Vasen, nicht einmal wüssten, wie man „Punk“ buchstabiert. „Da ist kein „t“ dahinter. Dafür stehen da drei Rufzeichen!!!“, hat der Bertl gesagt und dem Oberarzt hinterhergerufen, er solle sich jetzt a) brausen und b) Helene Fischer hören gehen.

Die erste Woche in der Reha hat sich für den Bertl jedenfalls so gezogen, dass er an die Progrockoper hat denken müssen, mit der ihm sein Bruder seinerzeit auf den Zeiger ging. So, wie wenn eine Yes-Scheib’n nicht und nicht aufhören will, das ist für den Bertl die Kur. Oder die Hölle. Wobei die sicher klasser wär, weil dort neben dem Johnny Rotten von den Sex Pistols heute bestimmt auch die buserte Beate von der Erdberg-Bar lebt, wegen der er als junger Hupfer selber beim Teufel war. Nämlich als die Beate ihn für den Pauli, den Wappler am Bass, den elendigen, hat sitzen lassen.

Dass der Johnny Rotten noch lebt, hat der Bertl dann aus der Zeitung erfahren. Und die Beate ist auf einmal neben ihm im Becken gestanden – mit dem „Bertl“-Peckerl noch immer am Unterarm. Weiß Gott, was bei besseren Bandscheiben gleich alles passiert wäre. So jedenfalls hat der Bertl zumindest die Oberaufseherin davon überzeugt, dass er mit der Beate an Kochtopf und Schneebesen und selbst an der Akustischen vom Portier im Keller alte Hadern klampfen darf. „Weil“, so hat der Bertl gesagt, „Gesundwerden geht schneller, wenn du wieder einen Sinn hast im Leben.“

Am Tag vor der Abreise ist dann der Hatscherte von der Parallelgruppe gekommen und hat sich als Regisseur vorgestellt. Ob er ihre Geschichte verfilmen darf. „Heiner Lauterbach und Barbara Schöneberger wären verfügbar!“. „Heiner Lauterbach!“, „Barbara Schöneberger!“, lachen Bertl und Beate noch heute, wenn sie in der Erdberg-Bar fesch beieinander sind.

(Wiener Zeitung, 27./28.9.2014)   

Keine Kommentare: