Freitag, Oktober 03, 2014

Errettung und Soul aus dem Kellerloch

Die Neo-Soul-Hoffnung Kwabs aus London stellte sich am Waves Vienna vor

Der junge Mann hat noch keinen Wikipedia-Eintrag. Das unterstreicht am Waves Vienna den veranstalterseitigen Glücksfall, einen womöglich schon demnächst angesagten Act noch vor seinem Durchbruch präsentiert zu haben – womit ein Grundauftrag des Showcase-Festivals erfüllt wäre. Zusätzlich weiß die Promodame des Plattenmajors Warner im Porgy & Bess von einem Auftritt des heute Kennenzulernenden im Buckingham Palace zu erzählen, bei dem die Anwesenden „Pipi in den Augen“ gehabt hätten. Ja, die Zeichen stehen jetzt auf OMG. Oh mein Gott!

Mehr Groove

Die 24-jährige, in London aufgewachsene Neo-Soul-Hoffnung Kwabs selbst betritt die Bühne in einem schwarzen, dafür aber vom Schnitt her zur Wienerstadt passenden Mundl-Hemd, um bald auch eines zu erklären: Teile des bisher vorliegenden Materials sowie ein neuer Song des nun auf Anfang 2015 verschobenen Debütalbums entstanden mithilfe des Wahlwiener Produzenten SOHN. Dieser sorgte dafür, dass Kwabsʼ Neo-Soul mit Vokalsamples auffährt, die an eine Gruppe winselnder, in ein Kellerloch gesperrter Männer ohne Hoffnung auf Errettung erinnern. Von der Hoffnung auf Errettung und dem Wieder-hin-Wollen, allerdings nicht Wieder-hin-Sollen zum Baby künden die Songs dann auch nur konsequent mit Kwabsʼ ausdrucksstark zwischen Bariton und Falsett wechselnder Drama-Stimme. Dazu wird trotz anschwellenden Synthie-Gefrickels live mit einem Mehr an Groove und organischen Elementen durchaus klassisch handgewerkt. Das geht auch angesichts des Allgemeingefälligkeit mit Anspruch verbindenden Songwritings in Ordnung.

Dass das noch bis Sonntag laufende Waves am ersten Tag des Clubtreibens ohne echten Höhepunkt aufwartet, ist kein Beinbruch. Der Verkauf seiner Seele an den Teufel aber sehr wohl: Die Gratiszeitung „Heute“ ist offizieller Partner. OMG!

(Wiener Zeitung, 4./5.10.2014) 

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