Neues
Album und Tour: der internationale Erfolgszug von Dorian Concept aus Wien
Frühe
Bekanntheit erreichte Dorian Concept mit hausgemachten YouTube-Videos, die sein
Spiel auf dem Micro-Korg-Synthesizer fokussierten. Dieser ist unter Heimproduzenten
vor allem deshalb beliebt, weil er trotz günstiger Erwerbbarkeit zahlreiche
Möglichkeiten bietet, die sich nicht etwa nur unter Beihilfe eines Laptops beim
Aufnehmen entfalten. Auch kann das Gerät live wirkungsmächtig verwendet werden,
sofern man es tatsächlich beherrscht – was man selbst zweifelsohne nicht tut,
wie spätestens die besagten Netzvideos erklären. Mit hektischen Bewegungen
zwischen einer vom Künstler selbst als „modulating hand“ bezeichneten, also für
das Schrauben an Schaltern oder das Drücken von Knöpfen zuständigen linken und
einer parallel dazu über die Tasten solierenden rechten Hand, war entsprechend
für großes Staunen gesorgt.
Eklektisches
Amalgam
Die
Geschichte des 1984 als Oliver Thomas Johnson in Wien geborenen Produzenten ist
somit auch eine Geschichte der Selbstermächtigung. Zwar nahm der heute
international reüssierende Musiker in seiner Kindheit Klavierunterricht, ehe er
später an der Salzburger FH für Multimedia-Art fachverwandte Theoriekenntnisse
erwarb. Die konkrete eigene Arbeit aber brachte er sich bereits in jungen
Jahren autodidaktisch bei. Als Antriebsmotor fungierte eine breitgefächerte
musikalische Begeisterung für Jazz, Hip-Hop, Funk und verschiedene elektronische
Spielarten, die sein Schaffen bis heute kennzeichnet. Unter den Fittichen des
familiär geführten Wiener Labels Affine Records entstand so ein eklektisches
Amalgam, dessen wild frickelndes Sounddesign etwa auch trotz zurückgelehnter
Beats auf einen hektischen Grundton setzte. 2007 nicht zuletzt über die Red
Bull Music Academy in Toronto entdeckt und bald darauf auch von britischen
Radiosendern in die Rotation aufgenommen, folgten gefeierte Micro-Korg-Soloauftritte
auf renommierten Festivals wie dem Sonar in Barcelona ebenso wie Konzerte als Tour-Keyboarder
des US-amerikanischen Soundbastlers Flying Lotus. Mit „When Planets Explode“
bestätigte das erste Soloalbum von Dorian Concept schließlich im Jahr 2009
sämtliche Vorschusslorbeeren.
Dass
es mit dem Nachfolger nun doch etwas länger gedauert hat, hat neben der emsigen
weiteren Live-Tätigkeit Dorian Concepts nicht zuletzt mit einem stilistischen Richtungswechsel
zu tun. Die zwölf neuen Stücke des soeben auf dem renommierten Londoner Label
Ninja Tune erschienenen Albums „Joined Ends“ sind zum einen weniger hektisch
ausgefallen, um mit immer beseelten und gelegentlich angejazzten Akkorden am Wurlitzer
Electric Piano stattdessen für ein Mehr an Wärme zu sorgen. Zum anderen
verabschiedet sich Dorian Concept für lieblich-zarte (Glocken-)Melodien sowie den
Ohren schmeichelnde, flächig verwaschene Ambient-Sounds aus dem Club, um eine
betont hübsche Herbst-Winter-Platte für Zuhause zu reichen.
Tournee als Trio
Sanftes
Gruppengesumme, beschwingte Handclaps, als Fundament immer wichtige Bassläufe und
eine grundsätzliche Neigung zur Melodieseligkeit bestimmen die Nummern. Bei
„Draft Culture“ kehrt für einen Moment der Clubsound zurück, der später mit den
Reglern nach unten nur mehr als durch die Eingangstür pumpender Nachhall
erkennbar bleibt. Das auch als (unbegründete) Eigenkritik lesbare „Tried (Now
Tired)“ wiederum kommt am Ende als klug komponierte und dramaturgisch gewitzte
Akkord-Meditation daher.
Für
seine am Sonntag in Hamburg startende Tour, die ihn auch nach London, Paris und
New York führen wird, hat Dorian Concept das Prinzip der Einmannshow übrigens über
Bord geworfen. Mit seinen alten (Label-)Freunden Clemens Bacher und Paul Movahedi
alias Cid Rim und The Clonious regiert dafür Spielfreude im Trio-Line-up. Das
klingt hervorragend. Und zeitigt einen weiteren Höhepunkt in einem erfreulichen
österreichischen Popjahr 2014.
Dorian Concept: Joined Ends (Ninja Tune/Hoanzl)
(Wiener Zeitung, 24.10.2014)
Dorian Concept: Joined Ends (Ninja Tune/Hoanzl)
(Wiener Zeitung, 24.10.2014)
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