Der Jugendradiosender FM4 feiert seinen 20. Geburtstag in der Ottakringer Brauerei. Ein ABC aus
gegebenem Anlass.
Anfang: Am 16. Jänner
des Jahres 1995 um 19 Uhr beginnt FM4, in die Jugendzimmer des Landes zu
funken. Hervorgegangen aus der Ö3-„Musicbox“, der alternativen Zelle des auch
in Hinblick auf die Öffnung des Rundfunkmarktes für Privatanbieter nun zu
reformierenden großen Radiobruders, wird der Beginn mit „Sabotage“ von den Beastie
Boys programmatisch angelegt. Nach dem Ende von Blue Danube Radio, mit dem sich
FM4 zunächst eine Frequenz teilen muss, mag es im Ganztagesmodus ab dem Jahr
2000 mitunter zwar etwas kommerzieller zugehen – vor Ankunft des Internets im
Alltag und der noch nicht permanenten (Gratis-)Verfügbarkeit von Pop und
Informationsinhalten erweist sich die Vermittlungsarbeit des Senders aber als
so willkommen wie wichtig.
Blumenau,
Martin:
Bei FM4 hauptberuflich mit „Traffic & Continuity“ beschäftigt, präsentiert sich
Martin Blumenau zunächst über das klassische Talk-Radio seiner
mitternächtlichen Call-in-Sendung „Bonustrack“ als streitbare Figur. Als
Blogger mit persönlichen Lieblingsthemen wie Fußball und Holzmedien bestätigt
er diesen Eindruck anschließend ebenso wie über öffentliche Battles mit (etwa
bei Holzmedien beschäftigten) Journalisten. Der Reibebaum von FM4. Sabotage!
Community: Noch vor dem
Siegeszug einer Netzkultur zwischen Web 2.0 und Social Media lässt FM4 auf
seiner Website eine blühende Community gedeihen. Nicht wenige von uns werden
über die digitale „Visitenkarte“ Anfang der Nullerjahre erstmals zu Avataren.
Nicht zuletzt eine Adaption des ORF-Gesetzes aber sorgt 2010 für noch heute klaffende
Wunden: Außer keinen Diskussionen stehen unter den Artikeln oft nur mehr Postings
von FM4-Mitarbeitern, die sich bei FM4-Mitarbeitern für ihre FM4-Mitarbeit
bedanken.
FM4-Frequency-Festival: Dass sich FM4
als Namenspatron für das starr durchkommerzialisierte Festivalschlachtross aus
dem Hause Musicnet zur Verfügung stellt, ist nicht nachvollziehbar – auch
aufgrund zahlreicher Headliner, die vor allem auf Ö3 heavy rotieren. Wie die
wohlwollende Festivalberichterstattung FM4 seiner Glaubwürdigkeit beraubt, ist zusätzlich
traurig. Sabotage?
Jugend: Zahlreiche
FM4-Gründungsmitglieder sind auch heute noch tonangebend im Team. Sie haben das
Alter, sie haben die Erfahrung! Das ist gut und erhöht die Chancen auf
journalistische Pop-Pensionisten. Frisches Blut ist dennoch vonnöten. In den
letzten Jahren fiel das diesbezüglich wichtige Assessment-Center aber dem
Sparstift zum Opfer.
Konkurrenz: Einen
Konkurrenzsender im klassischen Sinn hat FM4 zwar nicht zu befürchten. Eher
stellen mögliche eigene Fehler und der Medienwandel als solcher eine Gefährdung
dar: Pop ist allgegenwärtig und die Hörerschaft neigt zur persönlichen Playlist
– so sie sich nicht an Streamingdiensten im Netz bedient. Nicht nur in dieser
Hinsicht gut und als Gegenmaßnahme noch relativ neu: das siebentägige
FM4-On-Demand-Service.
Musik aus
Österreich:
Der zwischen 20 und 25 Prozent liegende Anteil heimischer Musik am Gesamtpool
der auf FM4 rotierenden Songs kann sich sehen (und hören) lassen. Und auch
journalistisch oder mit dem Soundpark noch vor Myspace & Co war der Sender
schon immer bemüht, heimischem Pop eine Plattform zu bieten. Von der (anfänglichen)
Freunderlwirtschaft mit Bands wie etwa Heinz aus Wien einmal abgesehen: Daumen
hoch!
Programmauftrag: FM4 will unterhalten
– im Gegensatz zum Eindruck, den das ORF-Fernsehen (zu) oft vermittelt, wird
hier aber auch der Programmauftrag noch erfüllt. Ein hoher, noch dazu
trilingualer Wortanteil sowie auf sauberer journalistischer Recherche beruhende
Formate wie „Reality Check“ erleichtern es, die Radiogebühren mit gutem
Gewissen zu entrichten.
Quoten: Um die 300.000
Hörer landen laut Senderchefin Monika Eigensperger täglich auf FM4. Der
Radiotest signalisiert eine zuletzt sanft sinkende Tendenz: Statt 5,7 Prozent Reichweite
in der Gruppe der 14- bis 49-Jährigen im Kalenderjahr 2013 kam FM4 im ersten
Halbjahr 2014 noch auf 5,5 Prozent – was einem Marktanteil von drei Prozent
(den auch die Kollegen von Ö1 verzeichnen) entspricht.
Signation: Ein
abgedunkeltes Fiepsen, ein echolastiges, nächtliches Piepsen: Die FM4-Signation
ist nicht nur ein eindeutiges und über die Nostalgie einnehmend-emotionales Erkennungsmerkmal,
sondern vor allem auch ein akustischer Wonnepfropfen, gestaltet von FM4-Mitbegründer,
Radiolegende und Music-Lover Werner Geier, der 2007, viel zu jung, einer
schweren Krankheit erlag.
Verteiler: Die
Schattenseiten einer Szene, die zwischen professioneller Arbeit, Netzwerken und
Verhaberung nicht immer unterscheidet: Wenn FM4-Mitarbeiter eigene (Band-)Projekte
mit Massenmails an sämtliche Arbeitskontakte bewerben – und dabei nicht einmal
die „Bcc“-Option verwenden.
Zukunft: Die Übersiedlung sämtlicher ORF-Teilbereiche auf den Küniglberg wird auch FM4 betreffen – konkrete Folgen: derzeit noch unbekannt. Neben dem grundsätzlichen Sparzwang sorgt aber auch der Wunsch von Generaldirektor Alexander Wrabetz nach einem neuen Radiosender für eine (noch) jüngere Zielgruppe für Irritation.
Zukunft: Die Übersiedlung sämtlicher ORF-Teilbereiche auf den Küniglberg wird auch FM4 betreffen – konkrete Folgen: derzeit noch unbekannt. Neben dem grundsätzlichen Sparzwang sorgt aber auch der Wunsch von Generaldirektor Alexander Wrabetz nach einem neuen Radiosender für eine (noch) jüngere Zielgruppe für Irritation.
FM4-Geburtstagsfest: Samstag, 24. Jänner, Ottakringer Brauerei. Mit: Die Sterne, Sizarr, Kele, Skero u. v. m. Beginn: 20 Uhr
(Wiener Zeitung, 22.1.2015)
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