Mittwoch, Februar 11, 2015

Operation am offenen Schweineherzen

Gerald Votavas Soloprogramm „Narzissmus und Tiere“ im Wiener Stadtsaal

Als HPL Votava vom FM4-„Projekt X“ war der Mann in der Schulzeit dafür verantwortlich zu machen, dass man in der ersten Stunde Religion, Spanisch oder Kaffeehaus nicht selten noch den Sandmann im Gesicht picken hatte. Seit seinem Abgang vom Jugendradio wird mit Projekten zwischen Theater- und Kleinkunstbühne oder etwa einer verstockt angelegten und dabei grandiosen Rolle als Fernseh-„Schlawiner“ auch heute noch klar, dass die Sache mit dem Schlafmangel gut und richtig war. Man mag Gerald Votava.

Im Wiener Stadtsaal nun führt der Nämliche sein erstes Soloprogramm seit den 90er Jahren auf. Unter dem Motto „Narzissmus und Tiere“ geht es darin um Narzissmus und Tiere. Immerhin gefällt sich Votava als in die Jahre kommender einstiger reicher Fratz aus bestem Hause, der am Gehstock über eine Geburt als „Terminkaiserschnitt“ und ein Aufwachsen zwischen Porschedesignkinderwagen, Dienstpersonal und schließlich erstklassigen Erotika mit realer Entsprechung in Bunga-Bunga-Partys nachdenken darf. Wie der Kabarettist selbst ist die Hauptfigur mit den sexy Initialen G.V. gesegnet und wird nach diesen mit beinahe sexy Accent semifranzösisch „Sche-We“ geheißen.

Elviskostüm, bis zum Bauchnabel offen

Auf Basis dieser Erzählung gibt Votava nicht nur – wie seinerzeit bei „Easy TV“ – einen bärbeißigen Radikalsteirer, die gute alte Frau Sokol oder eine resolute Prostituierte aus dem bayerischen Raum. Begleitet von Gerald Tschubm Schubert am Klavier, dem es in Skunk-Verkleidung aus der Analdrüse nebelt, kommt es auch zu musikalischen Zwischenspielen in den Genres Wienerlied, deutscher Mondschlager und Mick Jagger. Gerald Votava hat eine sehr schöne Stimme!

Über die zunehmend skurrile Handlung ist zu sagen, dass „Sche-We“ beim Koitus einem Herzpatschn erliegt, um mit der Organspende eines Schweinderls als Ersatzpumpe wiederaufzuerstehen und Schweine-Papa zu werden. Im bis zum Bauchnabel offenen Elviskostüm erleben wir Votava auch noch als kampffreudige Eisbärdame, notdürftigen Hund und einbeinigen Schicksalsstorch.

Nur dass der Kabarettist ebenso wie seine Figur zuletzt 30 Kilogramm abnehmen konnte, ist hoffentlich nicht auf das Rezept des G.V. – eine Kokaindiät – zurückzuführen. Dem überzeugten Vortrag steht bei aller Liebe nämlich ein Bühnenstoff gegenüber, der gleichfalls recht dünn erscheint.       

Nächste Termine: 13. Februar, 30. März. Beginn: 20 Uhr

(Wiener Zeitung, 12.2.2015)

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