Freitag, Mai 22, 2015

Rock ’n’ Roll mit Bart

The Makemakes treten für Österreich beim Song Contest an. Nun liegt auch ihr Debütalbum vor.

Zuletzt kam der eh bald wieder entkräftete Vorwurf auf, „I Am Yours“ sei ein Plagiat des Coldplay-Rührstücks „The Scientist“. Dabei ist in Sachen Ähnlichkeiten etwa der Song „Million Euro Smile“, mit dem The Makemakes im Vorjahr erstmals auf Platz zwei der heimischen Charts vordrangen, mindestens ebenso eindeutig einer fremden Quelle zuordenbar. Er erinnert an die „Herzblatt“-Titelmelodie und somit an Rainhard Fendrich, Rudi Carrell, die „Jetzt musst du dich entscheiden!“-Susi und eine Trennwand zwischen Bankkauffrau Dörte und Ingo, dem kessen Jurastudenten aus Osnabrück („Menno!“). Zum Glück blieb der Band eine Diskussion hier aber erspart – sie wäre auch für ihre Verhältnisse eher uncool gewesen. Die Makemakes sind bei Ö3-Hörern sehr beliebt, womit ihr Hipness-Faktor auf einer nach unten offenen Skala irgendwo zwischen Kellerloch und Peter L. Eppinger liegen dürfte.

Verdient für Bon Jovi

Sänger Dominic „Dodo“ Muhrer, der mit Leopardenschal am Flügel Kunstleid verströmend kein Klischee auslässt (okay, er ist nicht barfuß und die brennenden Kerzen fehlen auch!), Bassist Markus Christ, der aussieht, als hätten Waterloo-Kompagnon Robinson und Wolfgang Petry – Wahnsinn! – heimlich ein Kind gezeugt, und der offenbar gerade von einem Vorstellungsgespräch bei den Kings Of Leon kommende Schlagzeuger Florian Meindl treten nun nicht nur für Österreich beim Song Contest an. Sie haben soeben auch ihr selbstbetiteltes Debütalbum veröffentlicht, auf dem mit Songs, die man schon oft gehört hat, obwohl man sie noch nie gehört hat, nicht wie einst Rock ’n’ Roll gespielt wird. Nein! Hier wird Rock ’n’ Roll gespielt, wie man sonst „DKT“ oder „Mensch ärgere dich nicht“ spielt. Rock ’n’ Roll mit langem Bart zwischen Ergriffenheitsballade, Gitarrenbrett, Authentizität vermitteln wollenden Bluesrock-Licks und dem „Midnight Rambler“ der Rolling Stones als extrafeister Altherren-Boogie.

Debütautoren gibt man gemeinhin den Tipp, nahe an ihrer eigenen Lebenswelt zu bleiben und nicht etwa die Geschichte der Maori mit einem Trip nach Outer-Space kurzzuschließen. Dominic „Dodo“ Muhrer als Kopf der nach der Schöpfer- und Fruchtbarkeitsgottheit der Kultur der Osterinsel und einem Zwergplaneten benannten Makemakes hingegen imaginiert sich als Westküstenrocker der 1970er Jahre, obwohl er aus Thalgau stammt. Ergibt das nun einen Super-GAU? Nein. Allerdings erscheint es nicht unverdient, dass die Band einst Support-Act für Bon Jovi war und demnächst mit OneRepublic durch den Osten Europas tourt. Rock on! 

(Wiener Zeitung, 23./24.5.2015)

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