Mittwoch, Mai 13, 2015

Triebabfuhr und Trinklieder

Am Donnerstag gastiert die Rock-’n’-Roll-Institution AC/DC in Spielberg. Ein kleines ABC zur Einstimmung.

Angus Young: Das letzte im Line-up verbliebene Gründungsmitglied von AC/DC ist mit 60 Jahren nicht der älteste Mann auf der Bühne. Insofern geht es nur schwer in Ordnung, dass Angus Young auch in Spielberg wieder in der Schuluniform steckt, während er mit der Gibson-SG-Gitarre seinen Dienst versieht. Es könnte und wird aber noch schlimmer kommen! Stichwort: Die Stripeinlage! Die Boxershorts! Der Popoblitzer! Altern in Würde soll zwar auch im Rock ’n’ Roll möglich sein. Aber es macht nicht so viel Spaß!

Bier: Der Getränkeausstoß bei AC/DC-Konzerten geht vor allem auf eine Quelle zurück. Man darf Bier allerdings nicht als Getränk im eigentlichen Sinn verstehen. Es ist hier mehr Grundnahrungsmittel und Lebenseinstellung und wird im praktischen Einliterbecher ausgeschenkt, weil „Becher“ bekanntlich von bechern kommt und so auch mehr Flüssigkeit zur Verfügung steht, die man anderen über den Kopf schütten kann. Angeblich gibt es auch Wasser an der Budl – oder Cola und Sprite. Das Zeugs ist aber ausschließlich zum Pritscheln geeignet und riecht danach deutlich weniger lustig.

Ersatzmänner: AC/DC reisen zu ihrem vielleicht letzten Österreichkonzert nicht bloß ersatzgeschwächt an. Schlagzeuger Phil Rudd steht nach einer Morddrohung in Neuseeland mit dem Gesetz in Konflikt und wird, nach einem ersten Band-Ausschluss im Jahr 1983, abermals durch Chris Slade ersetzt. Stevie Young wiederum wird sich an der Rhythmusgitarre bemühen, möglichst kaum anders als sein Onkel Malcolm zu klingen. Ein schaler Nachgeschmack bleibt. Und ein Hauch von Etikettenschwindel im Abgang.

Konzertbeginn: Der Veranstalter informiert: „AC/DC werden ab circa 20.30 Uhr die Bühne rocken!“ DJane Kate Kaputto („Wer?“) und Vintage Trouble („Wieso?“) wärmen aber schon ab 18 Uhr auf.

Mammon: Im Grunde müssten AC/DC kein Geld mehr verdienen. Auch deshalb gehen die Konzertkarten um 99 Euro beinahe ok. Mit Rekordergebnissen der für 55 Stopps gebuchten „Rock Or Bust World Tour“ dürfen aber nicht nur die Band und die angeschlossene Gastronomie rechnen („Prost!“). Neben das Restjahr in der Nische überwinternden Spartenzweigen wie die Teufelshörner-Industrie jubilieren auch die steirischen Finanztröge wie sonst nur beim Fund einer Kernölader. AC/DC auf steirisch ausgesprochen klingt übrigens wöd!

Rock („rocken“): Vielleicht sollte man es mit einem Tortendiagramm über den Datenjournalismus versuchen. Es ist aber auch so eindeutig, dass das Wort „rock“ bei einem AC/DC-Konzert sehr oft fallen dürfte. Das neue Album heißt aber nur deshalb „Rock Or Bust“, weil „Rocken oder Zerplatzen“ noch immer positiver klingt als „Man Down“, der ursprüngliche und nach Malcolm Youngs Demenz-Diagnose verworfene Titel, der sich im Publikum spätestens im ersten Konzertdrittel bewahrheiten dürfte. Ursache – Wirkung. Siehe B!

Setlist: Spoiler sind grundsätzlich böse. Aber Oida, es geht um AC/DC! Neben allen Hits stehen also auch vor etwa 100.000 erwarteten Fans in Spielberg alle Hits auf dem Programm. Zu voraussichtlich je einer (!) Nummer aus den 90er- und aus den Nullerjahren werden auch drei aktuelle Songs zum Besten gegeben, die klingen, wie AC/DC immer klangen. Der Bass pumpt, das Schlagzeug zickezackt, es gibt Boogie-Woogie-Gitarren und Brian Johnsons gepresster Gesang tendiert dazwischen zum „kreiiiiiiiiiiiiisch!!!!“ Triebabfuhr auf Trinkliedbasis, oder kurz: Rock ’n’ Roll!

Verkehr: Nicht nur bei aus der männlichen Körpermitte inspirierten, von Gitarrenmasturbation umschwurbelten Lumpi-Songs wie „T.N.T.“ oder „You Shook Me All Night Long“ von immenser Bedeutung! Immerhin haben AC/DC mit „Highway To Hell“ den bis heute effizientesten Soundtrack für die Fahrt ins Wochenende erfunden. Leider ist nach Spielberg und retour mit erheblichen Staus zu rechnen. Haha, für Luschis gibt sogar einen Zug. Aber. Gib ihm!

(Wiener Zeitung, 13./5.2015)

Keine Kommentare: