Zum Tod des
deutschen Bandleaders James Last, der mit seinem „Happy Sound“ Berühmtheit
erlangte
Noch
am 23. April dieses Jahres hatte James Last mit seinem Orchester in der Wiener
Stadthalle Dienst. Im Alter von 86 Jahren erklärte der Mann mit dem Schnauzbart
nicht nur erneut seine Rolle als fleißiger Arbeiter – um das eigene Zutun
allerdings auf ein prototypisches Zweifingerdirigat zu beschränken. Er trat
dabei einmal mehr auch für seine Überzeugung ein, dass Musik, definiert als
Unterhaltungskunst, Leichtigkeit und Frohsinn verbreiten soll. Weil das Leben
anstrengend genug ist und an allen Ecken Unheil lauert, dürfen Melodien und
Rhythmen auch einmal „nur“ für Zerstreuung sorgen. Und sie dürfen uns dabei
sehr gerne etwas zufriedener, zumindest für den Moment glücklicher machen.
Noch
lange vor dem Siegeszug einschlägiger Ratgeberliteratur in Sachen Sinnfindung sowie
auch noch vor der Überschüttung des Markts mit Medizinmann-mach-mich-wieder-froh-Pillen
erfand der 1929 als Hans Last in Bremen geborene spätere Musiker, Arrangeur und
Bandleader James Last seinen „Happy Sound“, der ihm internationale Bekanntheit einbrachte
und ganzen Generationen aus Omas Küchenradio vertraut war. Nicht zuletzt nach
den Schrecken des Zweiten Weltkrieges sollte diese Musik eine Musik für die
heile Welt werden. James Last vertraute dafür auf sanft-sedierende Streicher und
melodieselige Bläser, die den nötigen „Schwing“ haben wollten und dabei oft recht
blechern daherkamen.
Selbst
nicht zum Kriegsdienst an die Front eingezogen, begann die musikalische
Laufbahn Lasts ab 1943 in den Heeresmusikschulen von Frankfurt am Main und Bückeburg,
wo er vor allem an Klavier und Kontrabass nicht nur das nötige Handwerk
erlangte, um nach 1945 in den Clubs der US-Truppen Jazz zu spielen. Ein
erster, aus Erwerbsgründen angenommener Job als Bassist für Radio Bremen führte
als Türöffner in die Unterhaltungswelt bald auch zu Kontakten, die Last
Schlagerhits wie „Junge, komm bald wieder“ oder „Die Gitarre und das Meer“ von
Freddy Quinn arrangieren ließen. Eine Anstellung beim NWDR-Tanzorchester wurde in
den 60er Jahren schließlich geopfert, um eine Karriere in Eigenregie zu
riskieren.
„Lalala“-Gesänge
Die
bald gefundene Stoßrichtung im besagten „Happy Sound“, der nahtlos in ein auf zahlreichen
Alben dokumentiertes „Non Stop Dancing“ überging, mischte internationale Hits
der jeweiligen Saison als Feiergrundlage für Deutschlands Samstagabende mit
Gläsergeklimper und anderem Partylärm. Zusätzlich gelang dem nunmehrigen
Bandleader das Kunststück, eine Kriegsgeneration, die noch die Hits der Beatles
skeptisch beäugte bis als „Negermusik“ denunzierte, mit „Lalala“-Gesängen anstatt
der gestrichenen Texte für sich zu gewinnen. Allfällige dem Jazz-Freund Last
bekannte Phrasierungen wiederum wurden bevorzugt marschlastig-stramm übersetzt.
Als
nicht unbedingt übermotivierter Komponist wird Last jedes Mal in Erinnerung
gerufen, wenn im Fernsehen „Das Traumschiff“ einläuft. Und auch das
grundsätzlich schwierige, 2004 von Quentin Tarantino für „Kill Bill: Vol. 1“ wieder
ausgegrabene Panflöten-Instrumental „Der einsame Hirte“ von Gheorghe Zamfir geht
auf den Bremer Stadtmusikanten zurück, der ab den 80er Jahren von Florida aus
nicht etwa auf eine imposante Karriere mit mehr als 80 Millionen verkauften Tonträgern zurückblicken wollte, um die Bespaßung des Publikums auch live fortzuführen.
Zwischen vorsichtig beibehaltenen Annäherungen an die Musik der Leute von heute,
nicht hörbaren Modern-Talking-Gitarren, Präludien Johann Sebastian Bachs mit
Schlagzeug sowie vor Clipartästhetik und auch optisch sehr glücklichen
Bandmitgliedern erlebte man einen Mann in seinem Element.
Am
Dienstag ist James Last nun im Beisein seiner Familie in Florida verstorben.
Er wurde 86 Jahre alt.
(Wiener Zeitung, 11.6.2015)
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