- Kolumne im "extra"
Lebendgeschenke
gelten Vielen zu Weihnachten auch heute noch als reizvolle Option. Konfrontiert
mit Kater Felix, dem neuen vierbeinigen Hausfreund, oder Hansi, dem heiteren
Hasen, wähnt man leuchtende Kinderaugen quasi vorprogrammiert und ewige
Dankbarkeit – bis
hin zur Alterspflege dereinst in Jahrzehnten – als so gut wie gesichert. In
zehn Jahren nicht zu massiv in die Pubertät reingrätschen, dann sollte es
klappen! Auch Motive für ein etwaiges Fotobuch oder die Festplatte der Erinnerung
könnten gefunden sein: Die Katze im ersten Nahkampf mit Lametta. Entzückend! Wolke,
der Pudelwelpe, als Weihnachtshund mit Weihnachtshaube. Herzallerliebst! Ja wisst
ihr es noch, wie Bello († eingeschläfert am 25.12.) damals am Heiligen Abend auf
die Tafel gesprungen ist, das Familienporzellan zertrümmert und den Weihnachtsbraten
gefressen hat?
Die
lebendigsten Erinnerungen gehen oft mit Lebendgeschenken einher. Denkt man etwa
an Schildkröten, werden die Beschenkten mitunter gar von ihrem Präsent überlebt.
Turtle Tarzan lacht sich ins Fäustchen – 75 Jahre nur Salat, das ist doch kein
Leben, ihr Verbrecher! Verlässlichkeit für viele Jahre, wie sie heute keine Waschmaschine
mehr bietet, verspricht so ein Tier, wenn alles gutgeht. Stichwort geplante Obsoleszenz
bei Elektrogeräten, gepaart mit skandalösen Zuständen im Verbraucherschutz. Wo
ist eigentlich Peter Resetarits, wenn man ihn einmal braucht? Nur beim Verpacken
von Felix & Co bitte um Vorsicht. Es ist das schönste Geschenkpapier schließlich
umsonst, wenn man die Luftlöcher vergisst und dann erst recht die Bescherung hat.
Weihnachten
in Oberösterreich, ca. 1988. In der Familie wird ein Wellensittich verschenkt.
Dieser trifft am Heiligen Nachmittag bei uns ein. Ich nenne ihn Fipsi. Wie, das
soll ein Singvogel sein?! Fipsi ist merkwürdig schweigsam. Die Zeit bis zum
Abend besser doch mit den Matchboxautos verbringen und „Brummbrumm“ machen
gehen. 16 Uhr: Nachschauen bei Fipsi. Mutter, Vater, ist es normal, dass ein
Wellensittich im Käfig am Boden sitzt, um Luft schnappt und röchelt? Große
Augen bei den Erziehungsberechtigten. Husch, husch, ins Zimmer! Fipsi wird mit
Kamillentee erstversorgt. 17 Uhr: Trauerstimmung statt Bescherung. Entsetzen
bei den Erwachsenen. Kindertränen unter dem Weihnachtsbaum. Fipsi, ein Fall für
den Kompost! „Stille Nacht“, niemals stiller als heute. Sperrt die
Tierkörperverwertung am 25. wieder auf? Lagern wir Fipsi in der Zeit dazwischen
auf Eis?
Es
war ein Weihnachten zum Vergessen. Seither sind in unserer Familie übrigens Gutscheine
sehr beliebt.
(Wiener Zeitung, 23./24./25.12.2017)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen