Freitag, Januar 26, 2018

Immer anders, immer gleich

Mit seiner Band The Fall schrieb er Post-Punk-Geschichte. Zum Tod von Mark E. Smith. 

Seinen Einfluss auf die Post-Punk- und Pop-Geschichte erklärt neben der Hommage durch die deutsche Band Tocotronic mit dem Song "Ich habe geträumt, ich wäre Pizza essen mit Mark E. Smith" oder der Existenz des nach einem Song seiner Band The Fall benannten Wiener Indie-Labels Totally Wired auch und gerade der Sound zahlreicher Genre-Adepten wie aktuell Protomartyr aus den USA. 

Nimmt man dann noch zentrale weitere Merkmale und Stichworte wie "Working Class", eine zünftige Antihaltung und die prototypische Gemütslage zwischen Grant und Dauerkater unter besonderer Berücksichtigung von Bier dazu, hat man außer einem Lebensstil auch eine Haltung abgesteckt, die für Smith als Chef und einziges dauerhaftes Mitglied der 1976 in Greater Manchester gegründeten Band wesentlich und für Beobachter ein Faszinosum war. Interviewantworten von Mark E. Smith gehen, hier auf die Frage, welche Handlungen er als Premierminister setzen würde, übrigens so: "Ich würde den Zigarettenpreis halbieren und die Steuern auf Biofressen verdoppeln. Dann würde ich Frankreich den Krieg erklären."

So nachdrücklich das Post-Punk-Genre als Inspirationsquelle war, so kurz waren die Karrieren ihrer zentralen Vertreter. The Fall hingegen blieben ein Langzeitprojekt, das auf 32 Alben zurückblickt und weder von den Verfallserscheinungen Smiths noch von seiner Personalpolitik gebremst werden konnte. Absurde Geschichten über das spontane Zurücklassen von Bandmitgliedern in der schwedischen Pampa oder Geldstrafen für etwaigen Tom-Tom-Gebrauch herbeigelaufener Schlagzeuger gibt es auch.

The Fall seien "immer anders, immer gleich" gewesen, erklärte Radio-DJ John Peel mögliche Veränderungen der Band in einem vorgegebenen Rahmen, in dessen Zentrum der grummelnde Sprechvortrag Smiths stand. Angesprochen auf die Notwendigkeit, zornig zu bleiben, antwortete er dem "Guardian" in einem seiner letzten Interviews: "Noch immer wechseln die Leute die Straßenseite wegen mir. Es ist ein Talent."

Am Mittwoch ist der humorfähige Grantscherben nach schwerer Krankheit verstorben. Mark E. Smith wurde 60 Jahre alt. 

(Wiener Zeitung, 26.1.2018)

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