Samstag, Februar 24, 2018

Auf ein Puiverl ins Beisl

Musser & Schwamberger präsentieren ein gemeinsames Album im Café Weidinger.

Bezüglich der bereits aufgetauchten, vielleicht etwas verwirrenden Beschlagwortung "Wiener Lied" ist zu sagen, dass kein Song mit einem leicht eingspritzten "Haaaaaallo!" beginnt oder mit einem "Haaa-aalaloo!" endet, das nach einem Mordsdullijö klingt, den man am besten gleich unter dem Heurigentisch ausschläft. Etwas eingspritzt ist man natürlich trotzdem, jedenfalls: Die sprachlich und vor allem auch von den Schauplätzen her eindeutig wienerstädtischen Texte brechen dazu passend insofern mit dem Klischee, als man bitteschön nicht in Grinzing herumsitzt, sondern über den Gürtel als Grenzstrich nach Fünfhaus spaziert. Dort geht Spritzweinkonsum - Stichwort Rudolfscrime! - gerne auch mit MDMA-Schlucken einher. Brandineser, Call-Shops und Nagelstudios bestimmen das Bild.

Karl Schwamberger (Laokoon-gruppe, Brosd Koal) und Kristian Musser (Tanz Baby!) legen unter dem Projektnamen Musser & Schwamberger ein tolles titelloses Debütalbum (Konkord Records) vor, das mit poetischen Augen auf ein nicht vordergründig romantisches Soziotop mit Gemma Lugner im Zentrum blickt. Zarte Zupfgitarren und Schwambergers raunzert-zärtelnder Gesang dominieren den melancholischen Sound. Dazu wird etwas Vibratoklarinette und dezentes Rascheln und Rauschen aus dem Laptop gereicht.

Bevor der geografische Radius der elf höchstens nach Meidling schlenkernden Songs doch zu eng wird - und weil in Wien der Tod immer wichtig ist -, fährt das Duo dann auch noch himmelwärts und checkt im metaphysischen Beisl ein, in dem Thomas Bernhard den Kellner gibt, Paul Celan und Ingeborg Bachmann schmusen und Ernst Jandl poetryslammt. Unten im Diesseits wiederum präsentieren Musser & Schwamberger ihr Album morgen, Samstag, ab 20 Uhr im Café Weidinger. Ehrensache! Das kommt ja auch in den Texten vor.

(Wiener Zeitung, 23.2.2018)

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